Liebesverrat unterm Sternenhimmel

07.10.2013
Betty hat ihren Freund Marc mit Tom betrogen – im Freien am Comer See. Marc stirbt, Tom fühlt sich schuldig und Betty flüchtet sich in eine Ehe. Soweit der Rahmen. Doch das Besondere an diesem leichtfüßigen Roman ist nicht der Plot, sondern es sind die tiefgründigen Einsichten über Glück, Schuld und die Liebe.
Monika Zeiners umfangreicher Liebesroman, der auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis steht, ist kein kompliziertes Traktat nach der Art von Roland Barthes, sondern verteilt seine Klugheiten auf eine leicht geschriebene Dreiecksbeziehung zwischen der Band-Sängerin Betty und den Musikern Tom und Marc.

Seit ihrer gemeinsamen Zeit sind zehn Jahre vergangen, Betty ist Ärztin geworden und in Neapel mit dem Journalisten Alberto verheiratet, Tom wird auf der ersten Seite von seiner Frau verlassen. Und Marc? Er lebt nicht mehr. Das ist der Dreh- und Angelpunkt des Romans.
Die zweiundvierzigjährige Monika Zeiner wurde in Würzburg geboren, schrieb heimlich Gedichte und öffentlich Theaterstücke, Hörspiele und kürzere Prosa. Sie promovierte mit einer für diesen Roman sehr produktiven Arbeit über die Liebesmelancholie des Mittelalters. Als Sängerin einer Berliner Italo-Swingband reiste sie durch die Republik. Neben den Spielarten der Liebe sind Musik und Musikalität die tragenden Säulen des Buches. Die Autorin lässt sich bei der Beschreibung der Charaktere von Betty und Tom Zeit, liebt Einfälle, Sprachwitz, genaue Beobachtungen und intensive Blicke aus dem Fenster.
Die Autorin liebt Einfälle, Sprachwitz und genaue Beobachtungen
Comer SeeEine Nacht auf einem Campingplatz am Comer See damals vor zehn Jahren hat das Trio auf ewig gesprengt. Ein Liebesverrat unterm Sternenhimmel. Betty, mit Marc befreundet, kann der Nacht und dem Sternenhimmel über ihr nicht widerstehen und gibt sich Tom hin, und Tom, stolz und auch gemein, lässt Marc das wissen. Niemand kann sagen, ob Marcs Tod damit zusammenhängt. Tom jedenfalls empfindet es so und vergräbt sich zu Hause in seinem Kinderbett. Betty flieht und studiert Medizin. Als Tom Betty Jahre später in Neapel wieder trifft, verlässt sie nach einer Liebesnacht das Hotel, getrieben wovon? Von Marcs Schatten. Einmal alle zehn Jahre, sagt Betty zu Tom. Öfter könne sie ihn nicht sehen.

Das Besondere an diesem gelungenen Roman ist nicht die Dreiecksgeschichte und dessen Dramaturgie, das Besondere sind die darin vorhandenen Einsichten und Rückschlüsse über die möglichen Wege des Glücks und der Schuld. Außerdem ist "Die Ordnung der Sterne über Como" ein Buch über das Vergehen der Zeit, das dem Volksglauben von der Zeit, die Wunden heilt, widerspricht. "Vielleicht", sagt Betty "argumentieren wir immer mit der Zeit, weil sie unser Element ist, aber vielleicht ist sie nicht das Wichtigste".

Die Autorin spielt auch viele "Wenn-Konstruktionen" durch und demonstriert, wie ambivalent sich Glück und Unglück in der Wahrnehmung des einzelnen Menschen zueinander verhalten. Sie stellt Fragen wie diese, wird nicht "dasjenige, das wir am anderen lieben, genau das Eigenartige, aufgrund dessen wir uns in unser Gegenüber verlieben, später dasjenige sein, das uns an ihm stört?" Es ist Monika Zeiners Kunst, solche Gefühlsverschiebungen mit kühlem Blick zu beschreiben.

Ein bemerkenswert leichtes und zugleich bemerkenswert tiefgründiges, dabei einfach zu lesendes Debüt.

Von Verena Auffermann

Monika Zeiner: Die Ordnung der Sterne über Como
Blumenbar im Aufbau-Verlag, Berlin 2013
607 Seiten, 19,99 Euro