Lesezeichen

Leipziger Allerlei

Besucher der Amerika-Gedenkbibliothek in Berlin sitzen zwischen Bücherregalen.
Lektüre muss bisweilen unterbrochen werden, dafür gibt's Lesezeichen aller Art. © dpa / picture alliance / Tim Brakemeier
Von Matthias Biskupek · 04.03.2015
Bücher gibt's noch, Lesezeichen kaum noch: jedenfalls nicht mehr die schönen, die verzierten oder bedruckten. Nein, heutzutage lässt der größte Teil der Buchhalter andere Merkzeichen zwischen den Seiten zurück.
Lesezeichen werden in allen der EU-Norm verpflichteten Weltgegenden genutzt, doch jeder weiß, dass Sachsen nicht nur überall schon da sind, sondern auch mehrere Lesezeichen in mehreren Büchern gleichzeitig hinterlassen können. In zeitgemäßer Sprache heißt dies Multitasking. Helle Köpfe – heller Kopf und sächsischer Kopf sind bekanntlich Synonyme – also helle Köpfe lassen nämlich immer mehrere Bücher ungeordnet herumliegen. Am Sachsen ist dies mühelos nachzuweisen. Schließlich hat er 1912 die Deutsche Bibliothek erfunden. In Leipzig.
Nach amtlich bestätigter EU-Statistik ist in Leipziger Bibliotheken das größte durchschnittliche Lesezeichen-Aufkommen (GröDuLA) pro Lebendsachse ermittelt worden.
Allein in einer einzigen Bibliothek Leipzigs – Name ist der Redaktion bekannt – wurden folgende Gegenstände in Büchern aufgefunden:
Zeitungsschnipsel mit Kontaktanzeige,
Postkarte von Tante Simone,
Kamm mit Haaren,
Kamm ohne Haare,
Nagel, angerostet,
Broschüre, "Ordnung halten aber wie!",
Eintrittskarte für Kino, Theater, Konzert, Kondomausstellung;
Briefmarke gestempelt,
Briefmarke, festklebend,
Lederpeitsche, Verwendungszweck ungeklärt,
Sicherheitsnadel,
Abholschein für Primagel forte,
Konferenznamensschild "Helene Hegemann",
Wahlbenachrichtigung für Kommunalwahl,
Grünlilienblatt, bekannt als Sachsengras, vertrocknet,
Ticket für FC Sachsen Leipzig,
Ölsardine, inzwischen entfettet,
Schnürsenkel, schwarz,
Doppelbillet für Doppeletablissement,
Rasierklinge, unblutig,
Kugelschreiber mit Aufdruck: Schneider permanent,
Briefchen mit weißem Pulver,
Kundenkarten verschiedener Großbanken,
Freiumschlag,
gepresstes Kleintier, ohne Lebenszeichen.
Weil in Leipzig das "Deutsche Literaturinstitut" existiert, übergab diese Leipziger Bibliothek (Name bekannt) ihre Lesezeichensammlung an dasselbe. Maßgabe an die Studenten: Verfertigen sie unter Zuhilfenahme der beigegebenen Lesezeichen literarische Werke. Diese sollten unverzüglich gedruckt und allen Leipziger Bibliotheken als künftige Fundorte für Lesezeichen zur Verfügung gestellt werden.
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