Kurz und kritisch

Wie die Erderwärmung gemanagt werden kann

Ausgetrocknete Böden und Wasserdampf aus Kohlekraftwerken - In Jänschwalde kümmert der Klimawandel kaum einen Kraftwerksmanager (Aufnahme von 2015)
Ausgetrocknete Böden und Wasserdampf aus Kohlekraftwerken - In Jänschwalde kümmert der Klimawandel kaum einen Kraftwerksmanager (Aufnahme von 2015) © picture alliance / dpa / Patrick Pleul
Von Ernst Rommeney · 24.10.2015
Anja Paumen und Jan-Heiner Küpper erörtern in ihrem Buch gemeinsam mit sieben Experten, wie die menschengemachte Erwärmung der Erde zu managen sei. Chris Rapley und Duncan Macmillan zeigen, wie spannend Klimawissenschaft sein kann.
Cover: It's the Planet, Stupid!
Cover: It's the Planet, Stupid!© oekom
"Es geht um den Planeten, Dummkopf!" Auch wenn sie den Slogan aus dem Wahlkampf Bill Clintons abgewandelt haben, geht es Anja Paumen
und Jan-Heiner Küpper immer noch um Wirtschaft, ebenso allerdings um Naturwissenschaft, Gesellschaft und Demokratie.
Beide sind Biol
ogen – sie Wissenschaftsjournalistin und er Professor an der Brandenburgischen Technischen Universität. Sie erläutern den Klimawandel und erörtern im Interview mit sieben Experten, wie die menschengemachte Erwärmung der Erde zu managen sei.
Das Zwei-Grad-Ziel wird schwer zu halten sein
Manchmal wird Wesentliches geradezu nebenbei erwähnt: die herbe Kritik etwa, das wirtschaftswissenschaftliche Modelle im Vergleich zu den naturwissenschaftlichen unterbelichtet seien, komplexes Geschehen zu abzubilden, oder der unangenehme Gedanke, dass autoritäre Staaten, wenn sie denn Risiken ernstnehmen, handlungsfähiger als demokratische sein könnten, Konsequenzen zu ziehen, dann die Unsicherheit, zu wissen, dass das Zwei-Grad-Ziel schwer zu halten sein werde, aber nicht genau zu wissen, wie das Ökosystem in ferner Zukunft darauf reagieren werde.
Um vorzubeugen, verspricht sich Ernst Ulrich von Weizsäcker am meisten von Energieeffizienz, wenn die Politik den Mut habe, im Gleichschritt mit der Energieproduktivität Preise anzuheben, also Energieverbrauch und Umweltschäden zu verteuern. Und ebenso wiederholt Hans-Werner Sinn seine Bedenken, die besten Initiativen nützten nichts, wenn nur Deutschland oder Europa, nicht aber der ganze Globus an einem Strang zögen.

Anja Paumen, Jan-Heiner Küpper (Hg.): It's the Planet, Stupid! Sieben Perspektiven zum Klimawandel
Oekom Verlag München, 2015
272 Seiten, 24,95 Euro

Gerd Ganteför ist Skeptiker. Ihm fehlt der Plan B. Die Energiewende sei viel zu langsam, um rechtszeitig einen ungewünschten Klimawandel zu beeinflussen. Erneuerbare Energien einzuführen, erweise sich als äußert kostspielig – und dann hätten sie nicht einmal das Potential, Erdöl, Gas und Kohle vollständig zu ersetzen.
Cover: Gerd Ganteför "Wir drehen am Klima"
Cover: Gerd Ganteför "Wir drehen am Klima"© Erlebnis Wissenschaft
Außerdem konkurriere die Klimaveränderung mit anderen weltweiten Problemen wie Bevölkerungswachstum, Armut und Ressourcenverbrauch. Preiswerte, wachsende Energieversorgung helfe der Dritten Welt aus der Armut. Aber auch die reichen Industrienationen könnten ihre Sozialsysteme nicht mehr finanzieren, sollten sie auf wirtschaftliches Wachstum verzichten.
Hoffnung auf Kernfusion und Brütertechnologie
Und schließlich kann er sich nicht damit anfreunden, dass ein Umstieg aus der Konsumgesellschaft in die Klimaschutzgesellschaft von einschneidender staatlicher Regulierung begleitet sein müsste.
Vielleicht, so kalkuliert er, kommt die Weltgesellschaft ja in den nächsten 100 Jahren mit einem blauen Auge davon. Dann hätte die Naturwissenschaft Zeit, nach neuen und leistungsfähigen Energiequellen zu forschen, die das Kohlendioxidproblem nicht weiter verschärfen. Und er, der Physikprofessor aus Konstanz, denkt dabei an Kernfusion und Brütertechnologie.

Gerd Ganteför: Wir drehen am Klima – na und?
Verlag Wiley-VCH, Weinheim 2015
248 Seiten, 25,70 Euro

Cover: Chris Rapley & Duncan Macmillan "2°C"
Cover: Chris Rapley & Duncan Macmillan "2°C"© Droemer Verlag
Wer sind die Forscher, die in regelmäßigen Abständen den Vereinten Nationen klimawissenschaftliche Daten aufbereiten und deren Resultate von Politikern und Journalisten, allesamt naturwissenschaftliche Laien, mal kritisiert mal hoch gelobt werden?
Chris Rapley von der University College London ist einer von ihnen. Ihn faszinierte schon früh Aufbau und Veränderung des Polareises. Er half später, eine satellitengestützte Erdbeobachtung aufzubauen und leitete das Netzwerk des Internationalen Geosphären-Biosphären-Programms, das 10.000 Wissenschaftler in 75 Ländern koordiniert.
Klimasystem aus dem Gleichgewicht
Sein Fazit fasst er so zusammen: Wenn die Welt noch einmal eine halbe Billion Tonnen Kohlenstoff in die Luft blase, werde sich der Planet Erde um mehr als zwei Grad Celsius erwärmen, was das Klimasystem aus dem Gleichgewicht bringen dürfte und ein hohes Risiko für Natur und Menschen darstelle.
Interessanter noch allerdings ist es, wie es ihm gelingt, mit einfachen Worten die Klimawissenschaft als spannende Disziplin vorzustellen, von der man mehr erfahren möchte – ganz unabhängig davon, wie man zu politischen Konsequenzen steht.

Chris Rapley, Duncan Macmillan: 2° C
Aus dem Englischen von Elisabeth Liebl
Droemer Knaur Verlag, München 2015
208 Seiten, 14,99 Euro

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