Kriminalpsychologie

Medien sollten Glorifizierung von Tätern vermeiden

Heute erscheint sie mit Fotos: Die französische Tageszeitung "Le Monde" vom 27. November 2014
Die französische Zeitung "Le Monde" ist Vorreiter für eine veränderte Berichterstattung über Terroristen © AFP / MATTHIEU ALEXANDRE
Jens Hoffmann im Gespräch mit Frank Meyer  · 28.07.2016
Die französische Zeitung "Le Monde" will keine Gesichter von Terroristen mehr zeigen. Der Kriminalpsychologe Jens Hoffmann begrüßt diesen Schritt und mahnt die Medien zu mehr Zurückhaltung.
Der Kriminalpsychologe Jens Hoffmann unterstützt die Ankündigung der französischen Zeitung "Le Monde", keine Propaganda-Bilder des IS mehr zu zeigen. Im Deutschlandradio Kultur erklärt er:
"Wir sehen, dass bei solchen Attentätern nicht nur eine abstrakte politische Motivation eine Rolle spielt, sondern häufig auch als ein weiterer Strom bei ihnen innerlich ist, ich werde dadurch berühmt, ich werde ein Held, ich werde ein Widerstandskämpfer."
Leitmedien prägten immer noch sehr stark die öffentliche Wahrnehmung, sagt der Leiter des Instituts Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt.

Keine vollen Namen, keine Gesichter

Wenn das Leben von Einzeltätern oder Kleingruppen vor allem von Krisen und Instabilität geprägt sei, könne die Glorifizierung einen erheblichen Anteil an der Tat haben.
Er empfehle deshalb in den Medien keine vollen Namen zu nennen und keine Gesichter zu zeigen. Hoffmann warnt auch vor einer Stilisierung zu einem "Überkiller" und einer düsteren medialen Erhöhung zu einem "Monster". Eine solche negative Identität sei für solche Täter auch attraktiv.
"Natürlich muss darüber gesprochen, berichtet und diskutiert werden", sagt Hoffmann. Aber eine dramatische Darstellung sollte vermieden werden.
"Das Ganze sollte eher sachlich erfolgen, sollte nicht zu spekulativ sein, sollte nicht zu dramatisch sein, sollte entindividualisiert sein." Schon dadurch könnten einige Nachahmungstäter weniger aktiv werden.

Suizidforschung als Vorbild

Die Suizidforschung sei für das Verständnis dieser Mechanismen der Nachahmung ein großes Vorbild, sagt der Kriminalpsychologe.
Eine klassische Studie über die Wiener U-Bahn habe beispielsweise gezeigt, dass eine Selbstverpflichtung der Medien, über Suizide nicht mehr zu berichten, dazu geführt habe, dass diese um 80 Prozent zurückgegangen seien.
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