Klonfleisch

"Die Deutschen sind technikkritisch"

Zwei geklonte Kälber in Brasilien
Zwei geklonte Kälber in Brasilien © picture alliance / dpa / Pablo_Valadares
Gunther Hirschfelder im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 08.09.2015
In Ländern wie Argentinien oder den USA ist der Verzehr von Klonfleisch völlig normal, die meisten deutschen Verbraucher hingegen lehnen es ab. Das liege an einer generellen Technik-Skepsis, meint der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder.
Das EU-Parlament hat sich für ein vollständiges Verbot von Klonfleisch in der EU ausgesprochen. Damit kann es sich der Zustimmung der meisten Deutschen sicher sein. Drei Viertel der deutschen Verbraucher lehnen Umfragen zufolge Klonfleisch ab. Das ist in den USA oder Argentinien anders: Dort hat man offenbar kein Problem damit, Klonfleisch zu essen.
Dem Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder von der Universität Regensburg zufolge liegt das an unterschiedlichen Kulturen der Wahrnehmung und Risikobewertung. "Und wir haben auch unterschiedliche Kulturen der Skandalisierung von Lebensmitteln und der Nahrungskette." Außerdem gebe es in Deutschland eine spezifische Situation. "Kultur verläuft ja immer sinuskurvenförmig, wellenförmig, und da sieht man im Verlauf des 20. Jahrhunderts immer wieder Phasen, wo wir technikbegeistert waren und technikkritisch waren. Heute sind wir technikkritisch."
Gerade bei jüngeren Menschen ist die Technikskepsis groß
In den 1930er- und 1960er-Jahren hingegen habe es eine große Technikaffinität gegeben. "Wir haben als Gesamtgesellschaft gesagt, wir versuchen auch alles, wir können zum Mond fliegen, wir können den Weltraum beherrschen, und wir können die Landwirtschaft so industrialisieren, dass sie uns maximal dient", sagt Hirschfelder. Dann kam die Erkenntnis in den frühen 70er-Jahren mit Ölkrise, mit den neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, dass wir die Welt nicht voranbringen, sondern dass wir dabei sind, die Welt zu zerstören."
Das sei bis heute so, betont der Kulturwissenschaftler. "Und deshalb gehen wir als Gesellschaft davon aus, dass Technik uns schadet. Das merken wir in vielen Studien, gerade mit jüngeren Menschen sehr stark, diese unheimliche Skepsis." Allerdings geht Hirschfelder davon aus, dass diese Phase nicht mehr lange andauert. "Das ändert sich bald", sagt er.
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