Kampf gegen Ebola

Freiwillige müssen sich auf Extreme einstellen

Ebola-Patienten und Ärzte in einem Ärzte ohne Grenzen-Camp in Kailahun, Sierra Leone
Ebola-Patienten und Ärzte in einem Ärzte ohne Grenzen-Camp in Kailahun, Sierra Leone © CARL DE SOUZA / AFP
Christof Johnen im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 29.09.2014
Nach einem Freiwilligen-Aufruf hätten sich bisher über 800 Menschen bei der Hilfsorganisation gemeldet, so Christof Johnen vom Deutschen Roten Kreuz. Weil die Arbeit im Schutzanzug unter extremen klimatischen Bedingungen körperlich sehr belastend sei, sei eine gute Vorbereitung auf den Einsatz besonders wichtig.
von Billerbeck: Das DRK, das Deutsche Rote Kreuz, hat vorigen Donnerstag einen Aufruf gestartet und in den nächsten Tagen soll nun die Schulung der freiwilligen Helfer beginnen. Christof Johnen ist beim DRK zuständig für internationale Zusammenarbeit, ich grüße Sie!
Christof Johnen: Guten Morgen, Frau von Billerbeck!
von Billerbeck: Wie ist die Resonanz Ihres Aufrufs?
Johnen: Die Resonanz ist zunächst einmal recht positiv, die aktuellen Zahlen sind von gestern, also von Sonntagnachmittag, da hatten mehr als 800 Menschen sich telefonisch oder per E-Mail ans Rote Kreuz gewandt und um Informationen gebeten. Das sind aber zunächst nur Interessenbekundungen. Wir müssen die Menschen dann verweisen auf eine Online-Plattform, in der einfach bestimmte Daten erhoben werden müssen.
Dort haben sich aber bereits immerhin mehr als 500 Menschen registriert. Allerdings haben die noch nicht alle diese Profile freigeschaltet, das heißt, für unsere Kollegen in der Personalabteilung sind im Augenblick circa 100 konkret abrufbare Profile sichtbar und die werten jetzt aus, welche davon eben insbesondere in die medizinischen Anforderungen passen.
von Billerbeck: Wer kommt denn überhaupt für so einen Einsatz infrage?
Johnen: Es werden natürlich ganz verschiedene Profile benötigt. Der Aufruf, der durch den Präsidenten des Roten Kreuzes Herrn Seiters ja auch an die Öffentlichkeit ging, richtet sich vor allem an medizinisches Fachpersonal, das ist sowohl im pflegerischen Bereich als auch im direkt ärztlichen Bereich. Aber natürlich auch Unterstützungspersonal wie Laborfachkräfte, Pharmazeuten und so weiter. Also, im Prinzip alle Menschen, die auch in Deutschland im Gesundheitswesen tätig sind, die allerdings bestimmte Qualifikationen erfüllen müssen. Zum Beispiel, alleine aus Sicherheitsgründen müssen die ein gutes bis eigentlich sehr gutes Englisch sprechen, weil es unabdingbar sein wird in der Situation.
Intensive Vorbereitung extrem wichtig
von Billerbeck: Bevor es losgeht, müssen ja die Kandidaten geschult werden. Das passiert bei Ihnen in den nächsten Tagen. Was ist da besonders wichtig, was müssen die lernen?
Johnen: Die Menschen, die wir in den Einsatz bringen werden, die sind alle Fachleute, die haben alle ihre Profession und beherrschen die. Was wir ihnen vermitteln, sind vor allem Sicherheitsmaßnahmen, Maßnahmen des Eigenschutzes, wie man Schutzkleidung sicher anzieht, wie man sich ankleidet, aber auch wie man sie nachher sicher wieder auszieht, wie vor allem aber auch die Abläufe in einem solchen Ebola-Behandlungszentrum dann sind. Die müssen ganz strikten Kriterien folgen, Menschen dürfen sich immer nur in eine Richtung bewegen, sie dürfen sozusagen nie zurückgehen.
Das heißt, es werden eigentlich Abläufe zunächst vermittelt und dann möglichst eingeschliffen. Denn es kommt darauf an, sehr, sehr konsequent zu sein, um nicht sich selbst und auch andere zu gefährden.
von Billerbeck: Nun ist das keine Arbeit wie hierzulande, selbst eine anstrengende, in einem Krankenhaus. Die Situation ist eine völlig andere, es ist eine dramatische Situation, dazu kommt hohe Temperatur, möglicherweise hohe Luftfeuchtigkeit und eben die Arbeit im Schutzanzug. Wie lange hält man so was aus?
Helfer halten es maximal 30 Minuten im Schutzanzug aus
Johnen: Wir gehen bei unseren Planungen, also auch den materiellen Planungen, die ja dahinter stehen, derzeit davon aus, dass die Menschen 30 Minuten im Schutzanzug ihrer Arbeit nachgehen können. Die Berichte von vor Ort sagen, es ist bis zu einer Stunde möglich, aber es ist da immer besser, etwas konservativer zu rechnen, weil es, wie Sie sagen, dieser Schutzanzug und diese extremen klimatischen Bedingungen, die erfordern eine ganz hohe Rotation.
Deswegen wird ja auch so viel Personal gesucht. Und deswegen, weil es so körperlich belastend ist, ist die Vorbereitung immens wichtig, um den Menschen zu vermitteln, so und so, genau die Schritte zu erklären, wie zieht man die Schutzkleidung an, wie bewegt man sich in der Schutzkleidung, und ganz besonders wichtig auch, wie entkleidet man sich wieder, damit dabei eben keine Infektionen passieren.
von Billerbeck: 30 Minuten am Stück oder höchstens eine Stunde, wie viele Tage hintereinander kann denn so ein Helfer aus Deutschland in so einem Gebiet verbringen?
Johnen: Wir gehen in anderen Situationen, nach Naturkatastrophen oder auch in Konflikten entsenden wir in der Erstphase die Helfer üblicherweise für vier bis sechs Wochen vor Ort. Es ist auch diesmal eigentlich die Planung, dass die Menschen circa vier Wochen vor Ort arbeiten, dazu kommt aber dann eben noch die Vorbereitung hier in Deutschland. Und für das medizinische Personal kommt hinzu, dass alle, die im Gesundheitswesen arbeiten, nach Rückkehr für drei Wochen Patienten nicht behandeln dürfen.
Ein Mann schiebt am 15. September 2014 in der liberianischen Hauptstadt Monrovia eine Karre mit Brot über eine Straße. Im Hintergrund hängt ein Schild mit der Aufschrift Stop Ebola.
Die Ebola-Epidemie breitet sich vor allem in Liberia stark aus.© pa/dpa

von Billerbeck: Das heißt, die kommen in Quarantäne danach?
Johnen: Ja, die Quarantäne besteht darin, dass die Menschen zu Hause bleiben. Also, die müssen jetzt nicht irgendwo eingesperrt werden, sie dürfen eben nur nicht medizinisch oder gesundheitlich arbeiten. Aber es verlängert natürlich die Abwesenheit vom Arbeitsplatz. Deswegen gehen wir davon aus, dass Menschen, die das machen möchten, circa acht Wochen nicht ihrer normalen Tätigkeit hier nachgehen können.
von Billerbeck: Wie müssen wir uns das eigentlich vorstellen: Wird dann die komplette Infrastruktur, die dann benötigt wird – also nicht nur Schutzanzüge, sondern Klinik etc. – aus Deutschland mitgebracht? Oder was gibt's da schon?
Bestattung der Toten kann vor weiterer Ansteckung schützen
Johnen: Wir werden zum Einen in Sierra Leone eine bereits bestehende Struktur, die aber auch von extern dorthin gebracht wurde, ein solches Ebola-Behandlungszentrum, das wollen wir deutlich vergrößern, um die Kapazität zu erhöhen. Wir werden recht viel oder eigentlich fast alles Material aus Deutschland oder teilweise auch aus der Region, also da, wo die Dinge verfügbar sind, mitbringen müssen.
von Billerbeck: Ich weiß, Sie sind vielleicht nicht der richtige Ansprechpartner, trotzdem die Frage an Sie, denn die brennt uns ja allen auf den Nägeln: Wie lange wird es dauern, bis man diese Epidemie in den Griff bekommt?
Johnen: Die Frage kann ich Ihnen tatsächlich nicht beantworten. Ich glaube nur, dass das, was das Rote Kreuz auch jetzt tut und was auch andere tun, diese Ebola-Behandlungszentren weiter verstärken, kann nur ein Schritt sein. Dazu engagieren wir uns sehr in diesem sogenannten Case Tracking, also der Nachverfolgung, wenn Menschen erkranken, dass die Freiwilligen des Roten Kreuzes dann hingehen und zurückverfolgen, wo kommen die Menschen her, mit wem haben sie Kontakt gehabt. Weil wir auch da eine ganz wesentliche Stelle sehen, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.
Und das ist auch noch sehr wichtig, was die Freiwilligen des Roten Kreuzes machen: Sie bestatten verstorbene Menschen kümmern sich aber auch um die Familienangehörigen, um sicherzustellen, dass bei der Bestattung von verstorbenen Menschen nicht eine erneute Ansteckung passiert.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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