Junge Designer in Paris

Mode ist nichts für Schwächlinge

Morgensonne scheint in eine Strasse im Pariser Stadtteil Marais
Morgensonne scheint in eine Strasse im Pariser Stadtteil Marais © picture alliance / dpa / Reinhard Kaufhold
Von Barbara Kostolnik · 20.05.2015
In den Gassen des Marais, des alten jüdischen Viertels von Paris mit seinen kleinen Läden und Galerien, zeigen junge Designer, was sie drauf haben. Sie haben ganz eigene Vorstellungen, wie die Mode der Zukunft sein sollte.
Die Modebranche ist nichts für Schwächlinge. Auch wenn Anika Skarström auf den ersten Blick wie eine schwedische Elfe aussieht, sie kann hart zupacken, wenn es sein muss: "Wir hatten diese Stoffballen-Lieferung 1200 Kilo, und der LKW-Fahrer sagt: I'ch kann ihnen nicht helfen.' Also wuchte ich allein 1200 Kilo Stoff vom LKW in mein Atelier.“
Eine starke Frau, die Mode für starke Frauen macht. "Wirklich starke Frauen", wie sie grinsend betont: "Also eher für schlanke Frauen, aber stark natürlich auch“
Gerade saß sie 30 Stunden auf dem John-F.-Kennedy-Flughafen fest: "Ich habe eine Trunk Show gemacht: wir haben die Kollektion in großen Koffern mitgenommen, sind in ein Privat-Appartement einer Kundin gefahren, die hat wiederum 40 Freundinnen eingeladen, und die haben ihre Kreditkarten gezückt.“
Die Kundinnen, gut betuchte Frauen zwischen 40 und 60, kauften, was da war, der Ausflug nach New York hatte sich letztlich gelohnt: "Ich hatte mir vorher gesagt: 'Das kann gut gehen, kann aber auch das totale Fiasko werden.' Aber glücklicherweise ist die Rechnung aufgegangen.“
Mode ist immer ein Wagnis: Trifft manoderfrau den richtigen Ton? Und: Verkaufen sich die Stücke auch? Anika Skärström macht sich vor zwölf Jahren selbständig, in Paris. Dort hat sie auch die Modeschule besucht. Und der Anfang, der war hart: "Ich erinnere mich gut, an den ersten Monat, ich saß in meinem Laden allein auf einem Stuhl und heulte.“
Doch trotz der harten ersten Jahre: aufzugeben kam nie in Frage, auch nicht, als sie vor sechs Jahren buchstäblich am Rande der Zahlungsunfähigkeit stand und ihre Lieferanten um Stundung der ausstehenden Zahlungen bitten musste: "Ich musste alle anrufen, das war bitter, du schluckst also deinen Stolz herunter und bittest um Aufschub … aber das hat mich letztlich gerettet: weil ich alleine da rauskommen wollte und musste“
Sechs Tage die Woche, zwölf Stunden
Auch Abstriche an der Qualität zu machen, war keine Option. Die Kleider von Anika Skärström sind minimalistisch, der Stil von den 20er, 30er Jahren inspiriert; die Farben dunkel, viele Stoffe: ein spezielles Leinen, Fair-Trade-Kaschmir, Leder färbt sie selbst noch nach. Daher kommt sie auch auf Arbeitszeiten, die härteste Disziplin verlangen: "Ich arbeite immer noch sechs Tage die Woche, zwölf Stunden, weil ich auch zu Hause noch mit den Stoffen arbeite, aber es ist schon besser geworden, früher habe ich sieben Tage die Woche gearbeitet.“
Wie gesagt: die Modebranche ist nichts für Schwächlinge. Anika Skärström lebt für ihre Arbeit, das sieht man auch in dem kleinen Laden-Atelier im Marais, das vollgestopft mit Stoffen und Kleidern ist. Am Ende des Gesprächs aber hat sie noch ein überraschendes Geständnis parat: Ich bin kein Mode-Maniac, sagt sie: "Ich gehe nie in Mode-Läden, was mich interessiert ist das Design, also letztlich die Zusammenstellung meiner Kollektion.“
Ein schwedischer Lagerfeld möchte sie nicht werden. Trotzdem träumt sie davon, im Mode-Moloch Paris mit ihrer Marke Erfolg zu haben. Dafür setzt sie künftig auch auf die Männer: mit ihrer ersten eigenen Herren-Kollektion. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, sagt Skarström. Vielleicht ist das eine ihrer wenigen echten Schwächen.
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