"Nationale Front" quer durch die Parteien und Religionen
Moderation: Sonja Gerth und Oliver Thoma · 26.09.2014
Der heute veröffentlichte offene Brief "Wir sind alle dreckige Franzosen" ist Ausdruck einer neuen Allianz im Land, sagt Jürgen Ritte von der Universität Sorbonne. Die Anhänger des "Islamischen Staates" hätten in Frankreich keinen ideologischen Background.
Nach der Enthauptung des französischen Bergführers Hervé Gourdel sei in Frankreich eine Art neue Allianz entstanden. So beschreibt es Jürgen Ritte, Direktor des Instituts für deutsch-französische Studien an der Universität Sorbonne, im Deutschlandradio Kultur:
"Im Lande herrscht, natürlich auch auf Grund des außerordentlich barbarischen Charakters dieser Exekution des Bergführers, Eintracht. Eine nationale Front, kann man beinahe sagen, quer durch die Parteien, quer durch die Religionen."
Dieser Schulterschluss drücke sich auch in dem heute von prominenten französischen Muslimen veröffentlichten offenen Brief "Wir sind alle dreckige Franzosen" aus:
"Das ist eine eindeutige Klarstellung, eine eindeutige Frontziehung. Damit haben etwaige Anhänger des 'Islamischen Staates' in Frankreich eigentlich keinen ideologischen Background und keine Rückfallposition mehr."
Den am offenen Brief beteiligten muslimischen Würdenträgern sei offenbar klar geworden, dass mit der Enthauptung Gourdels eine Grenze überschritten worden sei, äußerte Ritte. Das könne auch den Frieden im Lande gefährden:
"Es muss auf jeden Fall verhindert werden, dass der Verdacht auf alle muslimischen Bürger Frankreichs fällt. Und das sind ja weit mehr als sechs Millionen. Also wir sprechen von über zehn Prozent der französischen Bevölkerung."
Man wolle verhindern, dass dieser Bevölkerungsteil, der friedlich sei und mit Terroristen nichts zu tun haben wolle, "unter Generalverdacht fällt oder mit schrägen Augen angesehen wird als möglicherweise attentatsbereit. Das wäre grober Unfug", so Ritte.