Irland und der Euro

Von Volker Finthammer, Deutschlandradio, Studio Brüssel · 20.11.2010
Als die Staats- und Regierungschefs im Mai über Nacht ein Rettungspaket für Griechenland auf die Beine stellten, folgte alsbald der Schwur, so etwas sollte so schnell nicht wieder geschehen. Aber damals stand schon fest, dass mit Portugal, Irland und Spanien noch andere Kandidaten kurz vor dem Abgrund stehen.
Nur wenige Tage nachdem das Paket für die Griechen beschlossen waren, kamen die Länder der Eurozone nicht umhin, einen milliardenschweren Rettungsschirm auf die Beine zu stellen. Jetzt scheinen die Stunden gezählt zu sein, bis die irische Regierung den Rettungsschirm in Anspruch nehmen muss.

Die Experten vom Internationalen Währungsfonds, der Europäische Zentralbank und der EU-Kommission raten dazu, weil die Regierung in Dublin die gewaltigen Summen, die die Bankenkrise hinterlassen hat, kaum wird alleine schultern können und weil jede weitere Verzögerung auch andere Staaten teuer zu stehen kommt. Die Risikoaufschläge irischer, griechischer, portugiesischer und italienischer Staatsanleihen waren in den vergangenen Tagen wegen der Krise bereits kräftig gestiegen. Damit wird es für diese Regierungen teurer, sich Geld am Kapitalmarkt zu leihen, und steigt zugleich für sie die Notwendigkeit, noch mehr zu sparen, um die eigenen Finanzen in den Griff zu bekommen.

Aus deutscher Sicht mag das alles verwunderlich erscheinen und der Vorwurf der Misswirtschaft andernorts ist sicherlich schnell zur Hand. Doch von staatlicher Misswirtschaft kann man bei Irland anders als bei dem griechischen Desaster nicht sprechen. In Irland ist erst in diesem Jahr die geplatzte Immobilienblase angekommen, die andernorts schon lange ihre Schäden hinterlassen hat. Mit politischer Misswirtschaft der amtierenden Regierung von Brian Cowen hat das nichts zu tun. Deshalb wehrt sich der irische Regierungschef auch noch, die Hilfe anzunehmen. Denn politisch stünde er damit auf der Verliererseite. Zumindest in den Augen seiner Wahlbevölkerung. Es wäre ein schlechter Politiker, der das nicht verhindern möchte.

Aber solche nationalen Überlegungen haben im Verbund der Eurozone kein Gewicht mehr, deswegen wird der irische Regierungschef nachgeben müssen. Es geht nicht mehr nur allein um das Überleben einer Regierung, es geht, wie der Präsident des Europäischen Rates Hermann van Rompuy das dieser Tage erklärt hat, um das Überleben der Eurozone. Aber wenn wir das ernst nehmen, dann zeigt die jüngste Geschichte auch, dass der Rettungsschirm nichts mehr als ein solcher ist und auch nicht mehr sein kann. Die darunterliegenden Probleme sind bislang noch ungelöst und die haben in der EU unweigerlich etwas mit den wirtschaftlichen Ungleichgewichten zu tun, die da aufeinanderprallen und für die es unter dem Mantel der gemeinsamen Währung keine Ausweichmanöver mehr gibt.

Übrig bleibt derzeit nur noch ein Wettlauf der Sparprogramme. Ob das für die Eurozone als Ganzes der richtige Weg ist, muss jedoch bezweifelt werden. Nur mit einem ausreichenden Wachstum lassen sich all die Sparbemühungen auch verkraften. Das zeigt das deutsche Beispiel nur zu gut. Doch anderswo in Europa geht diese Rechnung kaum auf. Solange die wirtschaftlichen Ungleichgewichte unverändert fortbestehen, wird auch die Finanzkrise nicht wirklich gelöst werden können. Ja mehr noch: Die geplante Einbeziehung der Gläubiger wird die Lage sogar noch verschärfen. Das haben die vergangenen Wochen bereits gezeigt. Die Märkte kennen kein Mitleid. Sie verlangen Lösungen. Und davon ist die EU, ist die Eurozone trotz des Rettungsschirms noch weit entfernt.