Intendant Oliver Reese im Interview

"Als Kulturmensch muss man sich gegen die AfD bekennen"

Seit 2010 Intendant des Schauspiel Frankfurt: Oliver Reese.
Übernimmt 2017 die Leitung des Berliner Ensembles: Oliver Reese © picture alliance / dpa / Boris Roessler
Moderation: Susanne Burkhardt · 02.07.2016
Der Intendant des Schauspiels Frankfurt, Oliver Reese, hat die AfD zu seinem Lieblingsfeind erklärt. Ihre Wahlerfolge seien gespenstisch, sagte Reese im Deutschlandradio Kultur. Die Partei versuche Kultur, Kultureinrichtungen und Theater zu instrumentalisieren.
"Dass in Deutschland eine rechte Partei auf einmal aus dem Stand mit vollkommen Banane-mäßigen Politikern solche Wahlerfolge erzielt, ist doch ziemlich gespenstisch. Und als Kulturmensch, denke ich, muss man dagegen aufstehen und sich dagegen bekennen, zumal die AfD ja versucht, Kultur und Kultureinrichtungen und Theater zu instrumentalisieren."
Im Gespräch erinnerte Reese daran, "dass die Nationalsozialisten ja auch das Theater und die Inszenierungen furchtbar wichtig fanden und viel gelernt haben, Leni Riefenstahl vereinnahmt haben. Als Künstler muss man da schon den Anfängen wehren!"
Kurzzeitig hätte er erwogen, aus dem Parteiprogramm der AfD einen polemischen Abend zu machen:
"Mich interessieren Texte immer dann, wo Sprache verrät oder kennzeichnet. Und bei der AfD ist es schon so, dass dieses 'Tümelnde' teilweise so eine gespenstische Dimension bekommt, die sogar für Kunst interessant sein könnte."
Allerdings wolle er der AfD nicht die Ehre antun, ihnen einen Abend zu widmen.

"Frank Castorf hat etwas Einzigartiges geschaffen"

"Weil ich fürchte, damit würde man einen Fokus richten, einen Scheinwerfer auf diese Parteiprogramme. Das haben sie nicht verdient."
In einem Jahr übernimmt Oliver Reese in Berlin das Berliner Ensemble. Die Frage, ob das Haus dann zur neuen Volksbühne werden könnte, verneint Reese ganz entschieden:
"Niemand kann eine neue Volksbühne werden, weil Frank Castorf an der Original-Volksbühne wirklich etwas ganz Einzigartiges geschaffen hat, und zwar über 25 Jahre lang. Nehmen Sie meine Verehrung für Frank Castorf gern zur Kenntnis – aber diese Fußstapfen sind mir leider zu groß!"
Er sei zwar der Meinung, Intendanten sollten spätestens nach acht Jahren ein Haus verlassen – so wie er selbst – aber bei Frank Castorf sei das anders.
Man solle seine Volksbühne, wie von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vorgeschlagen, zum "Klassiker der Moderne" erklären. Zur Zukunft des Berliner Ensemble sagte Reese:
"Ich möchte, dass das neue Berliner Ensemble ein ganz eigenes, unverwechselbares Theater sein wird. Es wird sicher ein ganz anderes Theater sein, wie das von Claus Peymann."
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