Inszenierter Sport

Kein Fußball ohne Show

Champions-League-Finale zwischen Real Madrid und Atletico Madrid in Lissabon am 25.05.2014 Real Madrid's Spieler Sergio Ramos
Im Blitzlichtgewitter: Champions-League Finale Real Madrid gegen Atletico Madrid in Lissabon. © picture alliance / dpa / Javier Lizon
Moderation: Thomas Wheeler · 05.04.2015
Fußball ist mehr als nur ein sportlicher Wettkampf. Es ist eine Show, die nach einer Choreografie fürs Publikum inszeniert wird. Die Wurzeln dieser Entwicklung sind älter als gedacht.
Wer ein berühmter Fußballer werden will, muss nicht nur gut spielen. Er muss sich auch inszenieren können. Dem Dokumentarfilmprofessor Dietrich Leder von der Kunsthochschule für Medien Köln zufolge hängt das mit der engen historischen Entwicklung der "Massenmedien und professionellem Sport als Massenattraktion" zusammen.
"Das, was wir heute als Sport bezeichnen, ist ein Konstrukt (...) vor allem des späten 19. Jahrhunderts", sagte Leder im Deutschlandradio Kultur. "Und wie es der Zufall will, ist es genau die selbe Zeit, in der die heutigen Massenmedien entstehen." So sei die olympische Bewegung 1896 gestartet - zur selben Zeit, in der die Brüder Lumière erstmals eine öffentliche Filmvorführung zeigten.
Leder: Starke "Eventisierung" im Sport
Auch die Fußballhelden der 70er-Jahre wie zum Beispiel Gerd Müller, Günter Netzer und Franz Beckenbauer habe es nur geben können, "weil es mit dem Aktuellen Sportstudio des ZDF ab 1963 eine Sendung gab, in der nach dem Spieltag ab und zu Spitzensportler, Fußballer und Trainer befragt wurden". Durch die "Vervielfachung der Berichterstattung" und die "permanente Live-Präsenz der Kameras" habe der Trend zur Inszenierung zugenommen, so Leder. Die Athleten "beäugen sich wechselseitig, wer denn jetzt welche Idee hat und versuchen dann natürlich auch, sich zu übertrumpfen".
Leder beobachtet weiterhin eine "Eventisierung" im Sport. "Im Grunde hat das sehr viel mit der amerikanischen Showkultur zu tun, die vom Auftritt bis über die Höhepunkte mit Musikjingels und so weiter arbeitet", sagte er. Dies sei auch im Kulturbetrieb zu beobachten: "Viele deutsche Filme laufen gar nicht mehr im Kino, aber es gibt in jeder Stadt ein Filmfestival. Wenn ein Literat aus Amerika zur Lesung kommt, ist es ausverkauft, seine Bücher werden aber kaum gekauft. Das heißt, das ist eine Gesamterscheinung des gesellschaftlichen Lebens, die auch den Sport erfasst."
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