Ihno von Hasselt

Die gute JazzFest-Seele

Ein junger Mann spielt in einer Fußgängerzone auf einem Saxofon.
Das JazzFest Berlin feiert Jubiläum - und sein Produktionsleiter steht vor dem Abschied. © picture-alliance / dpa / Wolfram Steinberg
Von Laf Überland  · 30.10.2014
Das JazzFest Berlin feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum, und hinter den Kulissen sorgt Ihno von Hasselt dafür, dass alles gelingt. Er ist nämlich der Produktionsleiter - schon seit 33 Jahren.
Ihno von Hasselt: "Bei vielen Leuten ist Musik einfach so eine Art Lebenstapete, so eine Klangtapete, die einen umgibt, in der man sich wohlfühlt, in der man sich eingerichtet hat ..."//
Bei Ihno von Hasselt ist Musik das aber ganz und gar nicht! Eine gemütliche, geradezu wohlige Erscheinung ist er, aus seinen Augen blitzt meist ein übermütiger Schalk, der nach Wortspielen sucht und nach spitzfindigen Ideen: Aber seine unverzichtbare Position beim JazzFest Berlin ist die des klarsichtigen Organisators.
Ihno von Hasselt ist nämlich der Produktionsleiter bei diesem Jazzfestival, von dem das Publikum üblicherweise nur die gastierenden Musiker - und den jeweiligen künstlerischen Leiter wahrnimmt.
"Es ist letztlich so, dass natürlich die künstlerischen Leiter immer die Verantwortung haben für das Programm nach außen. Ich habe immer nur die Verantwortung für die Finanzen und das Programm nach innen, beziehungsweise: Ich muss immer auch zusehen, dass alles klappt."
Und das ist leider meistens ein finanzielles Problem, denn:
"Wie verdient man mit Jazz 'ne Million? Man investiert zwei ..."
Ihno von Hasselt war ein Musikfan, nicht mehr, als er 1967 nach Berlin kam – sozialisiert zwischen Ella Fitzgerald, Rock und Rhythm & Blues. Über einen Mitbewohner seiner WG wurde er Fahrer bei den Berliner Jazztagen - Musiker vom Flughafen abholen und so: 1969 war das, seitdem ist von Hasselt mit diesem Festival verbunden, das heute JazzFest Berlin heißt.
Er wurde Leiter der Fahrbereitschaft, arbeitete in einer Folkkneipe und der Konzertdirektion des damaligen Chefs des großen Jazzfestivals, und schließlich wurde er - nach einem großen künstlerischen Krach - zum Nachfolger der Berliner Jazztage übernommen: zum JazzFest Berlin – und jetzt als Produktionschef.
"So 'ne Festivalgeschichte ist wie so ein Zweierbob: Du hast vorne einen, der lenkt, und du hast hinten einen, der anschiebt oder auch bremst. Und das ist so meine Funktion, bei diesem JazzFest-Zweierbob bin ich der Bremser oder der Anschieber."
Und was tut er öfter - Bremsen oder Anschieben? Das hält sich die Waage, glaubt Ihno von Hasselt.
Vier Tage Jazz am Stück
"Gute Ideen versuche ich auch dann mitzuhelfen, in die Tat umzusetzen. Und wo ich irgendwelche Fährnisse wittere, dann versuche ich also auch dann leicht zu bremsen und mir irgendwelche Alternativen dann auszudenken."
Und auch, wenn manche Kritiker das immer wieder mal anders sehen:
"One man's jazz is another man's junk, das ist eine dieser berühmten Weisheiten, und man kann's nicht allen recht machen."
Um vier Tage Jazz-am-Stück in Berlin zu veranstalten, wird ein ganzes Jahr lang recherchiert, telefoniert, gemailt, verhandelt, gebucht, umgebucht, Sonderwünsche organisiert und wieder neu disponiert: Und dass am Ende dann das Festival so klingt, wie es das Publikum wahrnimmt, das gewährleistet der Produktionsleiter mit seinem Team: besorgt Herztabletten für einen Musikker, der seine in Chicago am Flughafen gelassen hat oder besorgt noch ein Hotelzimmer für die aus Versehen mitgereiste Gemahlin eines Musikers.
Und natürlich passieren dann auch diese Geschichten, die Musikfilme im Kino immer so putzig machen - mit Musikern, die zugekokst im Bett liegen, wenn sie längst beim Soundcheck sein sollen - oder auch die Nummer, als Fela Kuti 1978 mit seinen 27 (oder so) Frauen angereist kam – alle in leichter, sommerlicher Bekleidung - und für die Ihno von Hasselt dann 27 (oder so) Parkas und Pelzmantel organisieren musste (und einen Pelzmantel für den Pascha)...
So gehen die Geschichten, die später manchmal am Kneipentisch hervorgeholt werden, aber öffentlich verbreitet der Produktionsleiter solche Anekdoten eher nicht: Dafür liebt er die Musiker viel zu sehr und das, was sie können:
"Ich habe neulich jetzt gerade auch in Vorbereitung auf das Jubiläum eine VHS-Kassette in der Hand gehabt von George Shearing und Mel Tormé. Und Mel Tormé - wenn der singt Auf Wiedersehen, das ist so unglaublich ..."
"Und da muss man einfach dabei gewesen sein. Und da stockt einem auch heute noch der Atem, wenn man es sieht ..."
Selbst, wenn die VHS so schrecklich leiert ...
"Ich finde es überhaupt ein ziemlich großes Privileg, sich mit der Musik auf diese Art, wie ich es jetzt gewohnt bin, sich so lange beschäftigt zu haben - das ist schon 'ne klasse Geschichte! Aber es gibt ja auch neue Generationen, die ... Und denen überlasse ich jetzt das Feld, und dann isses auch gut gewesen. Und dann werde ich in die Abendsonne reiten und mich gelegentlich umsehen und gucken, was dann hier passiert ..."
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