Hochschule als Brücke zwischen Ost und West

Von Kirsten Heckmann-Janz · 15.07.2011
Die alte Viadrina entstand 1506 als erste Universität im Kurfürstentum Brandenburg und wurde später mit der Breslauer Universität zusammengelegt. 1989 stellten Bürger den Antrag, in Frankfurt an der Oder erneut eine Hochschule zu eröffnen: Die neue Viadrina war geboren.
"Ich hab' bei uns im Radio drüber gehört, dass die Uni gegründet werden soll, und ich fand das Angebot interessant."

… begründet ein Abiturient aus Bremen seinen Entschluss, sich an der Europa-Universität Viadrina einzuschreiben. Ein junger Pole erzählt:

"Ich werde Jurist, ja, dieser Beruf gefällt mir. Ich meine, dieser Beruf ist sehr gut für heutige Zeiten."

Zwei von 600 Studenten, die im September 1992 an der neu gegründeten Universität in Frankfurt-Oder immatrikuliert wurden. Ein gutes Jahr zuvor - am 15. Juli 1991 - war das Hochschulgesetz des Landes Brandenburg in Kraft getreten. Damit gilt dieser Tag als juristisches Datum der Neugründung der Universität.

Die alte Viadrina – der Name bedeutet übrigens: "an der Oder gelegen" - war 1506 als erste Universität im Kurfürstentum Brandenburg entstanden. Hier studierten unter anderem Carl Philipp Emanuel Bach, die Gebrüder Humboldt und Heinrich von Kleist. 1811 wurde die Viadrina aus finanziellen Gründen mit der Breslauer Universität zusammengelegt. Im Herbst 1989 – Frankfurt war nun eine deutsch-polnische Grenzstadt – stellten Bürgerrechtler den Antrag, in der Oderstadt wieder eine Universität zu eröffnen. Gründungsrektor Knut Ipsen:

"Man soll nicht verkennen, diese Grenze ist eine historisch nach wie vor mit Hypotheken beladene Grenze und gerade eine Universität dieser Art kann eine Brückenfunktion hier wahrnehmen, wie sie notwendiger gar nicht sein könnte."

In der Denkschrift über die Neugründung der Viadrina ist festgehalten, dass die Universität unter anderem die deutsch-polnische Zusammenarbeit fördern und der gesamteuropäischen Integration Impulse geben soll. Gesine Schwan, von 1999 bis 2008 Präsidentin der Viadrina.

"Die generelle Internationalität, die sehr gepflegt wurde, und das ging ja bis über 80 Staaten, aus denen die Studierenden kamen und auch kommen, hat einen Fokus auf die Europäische Union, durchaus auch Verantwortung in der Europäischen Union zu übernehmen. Ich denke, wir haben viel unternommen, um gerade die Integration der internationalen Studierenden zu stärken. Dann hat es in der Zeit die Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Anstalt Viadrina in eine Stiftungsuniversität öffentlichen Rechts gegeben. Wir haben eine deutsch-polnische Wissenschaftsstiftung anregen können. Ich glaube, dass durch das alles auch noch mal die Viadrina bekannter geworden ist."

Zurzeit sind mehr als 6000 Studenten aus fünf Kontinenten an den drei Fakultäten der Viadrina eingeschrieben; bei den Kulturwissenschaftlern, den Juristen oder den Wirtschaftswissenschaftlern.

"Es ist natürlich so, dass die Viadrina viel kleiner ist als beispielsweise die andern Berliner Universitäten, dadurch habe ich mir eine bessere Betreuung erhofft, die auch eingetreten ist. Und dadurch, dass die Universität im Vergleich sehr neu ist, ist natürlich auch die Ausstattung der Universität eine ganz andere und daher eine viel bessere. Man könnte schon sagen, dass das ein Luxus ist, dort zu studieren."

… erzählt Renata Mitrega. Sie hat vor kurzem ihr kulturwissenschaftliches Studium an der Europauniversität abgeschlossen.

"Man hatte als Student besondere Anforderungen oder Auflagen, man musste zwei Fremdsprachen bis zu einem gewissen Grad absolvieren, dazu wurden an der Viadrina verschiedene Sprachkurse angeboten, und darüber hinaus musste man ins Ausland gehen für mindestens ein halbes Jahr.Und das war für mich eine besondere Zeit, deswegen bin ich sehr dankbar auch, dass es gefördert wird, und dass man auch ein bisschen unterstützt wird bei den Vorbereitungen."

Das entspricht genau den Absichten der langjährigen Präsidentin:

"Was mir sehr am Herzen lag, war, dass die Viadrina Studien- und Forschungs-Angebote machen sollte, die man an anderen Universitäten nicht bekommt, einfach um auch ein bisschen zu kompensieren, die Randlage, aber um das besondere Merkmal der Universität weiter zu stärken, und ich habe mich sehr stark programmatisch für Mehrsprachigkeit eingesetzt, unter anderem sollte der Master of European Studies in vier Sprachen angeboten werden, von Muttersprachlern unterrichtet. Und die Universität hat sich bei der Exzellenzinitiative beworben, also, ich denke, da ist sie auf einem guten Weg."

Auch der jetzige Präsident, der ehemalige UN-Diplomat Gunter Pleuger, will das internationale und interdisziplinäre Profil der Viadrina weiter stärken. Sicher ganz im Sinne der Frankfurter Bürger, die sich in der Wendezeit am "Runden Tisch" für die Neugründung ihrer Universität einsetzten.