Gute News, schlechte News

Wahrheit oder Wahrnehmung

Alte Fernseher in einem Verwertungslager
Fernseher - nicht länger mehr sind alle Bilder aus der Welt willkommen © picture alliance / dpa / Qi Peng
Von Johanna Maria Knothe · 01.06.2015
Gilt auch heute weiter die Regel: Vor allem die Katastrophen und Zusammenbrüche sind die großen Nachrichtenthemen, die die Leute hören, sehen und über die sie lesen wollen? Auf der Suche nach der Nachrichtenformel. Drei Gesprächspartner - drei Ansichten.
- "Ist die Situation in der Welt schlimmer geworden? Oder kommt das, ist das nur die Wahrnehmung? Weil viel mehr Leute schreiben und man viel mehr Möglichkeiten hat zu lesen, was los ist? Wie hat sich vielleicht das Vertrauen in die Presse verändert?"
- "Also früher war ich mit Interesse ein Mediengucker. Heutzutage im Grunde genommen interessiert es mich eigentlich nur noch am Rande, weil ich der Meinung bin, das die meisten Informationen gesteuert sind."
- "Gibt’s denn eine Quelle, der Sie trauen? Vorbehaltlos?"
- "Meiner Frau!"
- "Aber Ihre Frau können wir ja schlecht in die Krisengebiete der Welt schicken. Das wollen wir nicht."
- "Das stimmt. Das stimmt. Das stimmt, ja."
Dieser Mann vertraut mir als Journalistin also nicht. Und steuert mich direkt zu der Frage, wie soll ich denn die Welt richtig einordnen. Wo doch gerade so viel passiert? Kann ich den Gaza-Israel-Konflikt, den Krieg in der Ukraine und in Syrien, das mit den IS-Terrormilizen und der Finanzkrise überhaupt selbst verstehen lernen? - Gefragt ist hier Cordt Schnibben:
- "Schnibben?"
- "Schönen guten Tag Herr Schnibben! Johanna Maria Knothe ist mein Name. Ich habe Ihre Nummer bekommen... " (Herr Schnibben vom SPIEGEL hat nicht nur das Regal voller Preise. Er hat auch viele Jahre als Journalist auf dem Buckel. Weiß er, wie ich die Welt in meinem Kopf richtig sortieren und vielleicht wiedergeben kann?)
- "Als Journalist hab ich das Gefühl, dass seit eigentlich dem 11. September 2001 die Welt tatsächlich in so viele Krisenherde zerfällt, dass ich eigentlich als Journalist schon große Mühe habe, da hinterher zu kommen. Und als Mensch erlaube ich mir dann auch, bestimmte Krisen gar nicht mehr wahrzunehmen. Also mich gar nicht mehr damit zu beschäftigen. Wenn ich nicht als Journalist damit zu tun habe. Da nehme ich 'mal in Anspruch, was Enzensberger 'mal in einem Essay geschrieben hat: 'Man kann nicht jede Krise der Welt zu seiner eigenen machen.' Also man sollte sich auch erlauben zu sagen: 'Okay, das überfordert mich jetzt. Das lasse ich mal so an mir vorbei ziehen.'"
Passiert auch mal was Gutes?
- "Ihr habt es geschafft! In den vierten Stock seid Ihr jetzt angekommen."
- "Ich freu mich, dass Du Zeit hast für mich. Für ein paar Fragen... Wo machen wir es am Besten?"
Ich spreche nun mit einer Dame, Kerstin Müller. Sie betreibt eine Homepage, die heißt 1000GuteNachrichten.de und dort veröffentlichen User gute Geschichten oder positive Erlebnisse, die sie gehabt haben oder Filmtipps zu positiven Dokumentationen.

- "Wie läuft’s mit der Seite?"
- "Jetzt momentan läuft es ganz gut! Weil ähm... so viele schlechte Dinge auf der Welt passieren und das schürt in den Menschen glaube ich die Sehnsucht wieder nach guten Nachrichten. Also ich hab das Gefühl gerade Syrien, Ukraine, Irak - dadurch, das es überall knallt und wir den ganzen Tag damit konfrontiert werden, stehen die Leute morgens auf und haben glaube ich manchmal das Bedürfnis und fragen sich, ist das eigentlich echt alles so schlimm oder passiert nicht auch mal was Gutes?"
- "Geige, Flöte, Bass – Das erste Straßensymphonie-Orchester Zentralafrikas“ – vielleicht kannst Du das mal vorlesen?"
- "Es gibt sie noch, die kleinen Perlen im deutschen Fernsehen, die sich abheben von allem Mainstream. Die Geschichten hinter den Geschichten erzählen und die uns... "
- "Gibt’s wohl User, die sonst keine Nachrichten mehr lesen?"
- "Ja, wir haben schon relativ viele, die ganz bewusst Tageszeitungen abbestellt haben. Die nicht mehr die Nachrichten um 20 Uhr gucken. Und die ganz gezielt sich nur noch auf bestimmten Blogs und Webseiten tummeln. Weil sie sagen, ich kann diesen ganzen Wahnsinn nicht mehr hören. Warum dürfen denn Nachrichten nicht mal emotional oder Entertainment oder unterhaltsam sein? Versteh ich nicht."
- "Weil manche Leute die irrelevant finden vielleicht?"
- "Ja, aber da sind wir doch bei der gleichen Diskussion. Wer entscheidet darüber?"
- "Ähm... vielen Dank dazu."
"Videos, wo Katzen tolle Sachen machen"
- "Jetzt äh... noch eine Frage an Cordt Schnibben. Die guten Nachrichten. Interessieren Sie sich für gute Nachrichten? Ganz persönlich?"
- "Ja! Da kriegt man auf 'Facebook' ja auch ganz viele. Ganz viele Videos, wo irgendwelche Katzen tolle Sachen machen... "
- "Ist das schon eine gute Nachricht? Das ist die Frage!"
- "Man kriegt auch, obwohl man sich gar nicht so groß dafür interessiert also Hochzeitsbilder von Angelina Jolie und Brad Pitt empfohlen in der 'Bunten'. Also ich hab nicht das Gefühl, dass ich nur schlechte Nachrichten kriege. Ich glaube gerade auch die sozialen Medien transportieren - ich würde sagen - zu viele gute Nachrichten. Also es gibt ja inzwischen Medien, die darauf spezialisiert sind eigentlich den ganzen Tag ähm... mich zu versorgen mit irgendwelchem irrelevanten Scheiß."

Der Mann vorhin auf der Straße ist enttäuscht von den Medien.
Kerstin Müller setzt sich aktiv für mehr Entertainment in der "Tagesschau" ein.
Und Cordt Schnibben vom SPIEGEL rät mir, die Welt auch mal Welt sein zu lassen.
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