Gossen-Dialoge und Gentleman-Bankräuber

07.02.2011
Im Genre des komischen Kriminalromans gilt Elmore Leonard zu Recht als Ikone. Fast noch wichtiger als Spannung scheint diesem Schriftsteller der Spaß zu sein, den einem die Lektüre seiner Bücher bereiten soll. Schräge Vögel bevölkern den Kosmos dieses Erzählers seit jeher, in "Road Dogs" stoßen wir zudem auf alte Bekannte.
Der Gentleman-Bankräuber Jack Foley, dessen Höflichkeit legendär ist und den George Clooney in der Roman-Verfilmung von "Out of sight" spielte, wird aus dem Knast entlassen, und der FBI-Agent Lou Adams heftet sich ihm sogleich an die Fersen. Nicht nur das, er will dem "Star der Bankräuber" (ganze 176 Überfälle gehen auf sein Konto), wenn er ihm schon keine neue Straftat nachweisen kann, ein Buch widmen. "Der nette Bandit" soll es heißen: "Die Rezensenten werden wieder irgendeinen Scheiß hineininterpretieren, aber die Öffentlichkeit wird denken, der Autor meint, dass Foley einfach ein netter Typ ist, der nie jemanden bedroht oder einer Kassiererin den Schock fürs Leben verpasst hat, sondern zu jeder immer nur gesagt hat: ‚Geben Sie Ihr Bestes.’ Eine hat mal einer Zeitung gesagt: ‚Der war richtig nett. Hat das Geld genommen, sich bedankt und mir die Hand getätschelt.’" So ist Jack Foley - "scheißkorrekt", gut aussehend und stets unbewaffnet.

Vielleicht ist es gar nicht schlecht, George Clooney ständig beim Lesen dieser amüsanten und ironisch gebrochenen pulp fiction vor Augen zu haben. Doch Smart-Heart Jack Foley ist hier nicht die einzige gelungene Figur. Da gibt es noch die coole "Anwaltslady" Megan Norris, die ihn aus dem Knast boxt, und die verführerische Dawn Navarro, bei der er, gerade erst aus dem Gefängnis freigekommen, in einer komfortablen kalifornischen Villa unterkommt. Sie ist eine Hellseherin, die sich für die Wiedergeburt der altägyptischen Königin Hatschepsut hält, dabei vor allem aber als Trickbetrügerin drittklassige Hollywood-Schauspielerinnen ausnimmt. Wichtiger noch: Dawn Navarro ist liiert mit Foleys Knastkumpel Cundo Rey, einem vermögenden kubanischen "Kokain-Cowboy", der seine Haftzeit in Kürze auch abgesessen haben wird. Cundo Rey und Jack Foley sind "Road dogs": zusammengeschweißt durch die Zeit hinter Gittern helfen sie einander, egal, was ist. Aber dann geht Foley mit der Frau seines Freundes Cundo Rey ins Bett und bringt alles durcheinander.

Der Titel "Road Dogs" lässt an Straßenköter denken. Tatsächlich pflegt Elmore Leonards Personal einen Gossenjargon, der auch in der Übersetzung gut funktioniert: ob es sich nun um die Schimpfworte "durchgeknallter Bundesbulle", "hohle Hupe" oder "Laberbacke" handelt - man liest solche Invektiven mit Vergnügen, zumal dann, wenn sie wie im Falle eines "Redneck-Nazis" auf die treffliche Formulierung "glatzköpfiger Kampfpenis" beziehungsweise "White-Power-Freak" hinauslaufen.

So viele "Dummschwätzer" auch seine Bücher besiedeln, Elmore Leonard ist ein Könner darin, lustige kurzweilige Dialoge zu kreieren. Bei aller Knappheit erreicht er zwar nicht die Meisterschaft des gelegentlich mit ihm verglichenen Richard Price, dennoch muss häufig schmunzeln, wer die rasanten "Road Dogs" liest.

Besprochen von Knut Cordsen

Elmore Leonard: Road Dogs. Roman
Aus dem amerikanischen Englisch von Conny Lösch und Karsten Riesselmann
Eichborn
304 Seiten, 19.95 Euro