Geschichte geht durch den Magen

15.05.2007
Gisbert Haefs erzählt in "Caesar" Aufstieg und Fall des römischen Imperators aus Sicht seines Leibkochs. Mit seinem historischen Roman gewährt Haefs auf höchst amüsante Weise Einblicke in die letzten Tage einer sterbenden Republik.
In seinem berühmten Gedicht "Fragen eines lesenden Arbeiters" unternimmt Bertolt Brecht ein überaus reizvolles Gedankenspiel:

"Das große Rom
Ist voll von Triumphbögen. Über wen
Triumphierten die Cäsaren? Hatte das vielbesungene Byzanz
Nur Paläste für seine Bewohner? Selbst in dem sagenhaften Atlantis
Brüllten doch in der Nacht, wo das Meer es verschlang,
Die Ersaufenden nach ihren Sklaven.
Der junge Alexander eroberte Indien.
Er allein?
Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?"


Genau diese Überlegung Brechts bildet den Ausgangspunkt für einen faszinierenden deutschen historischen Roman: in "Caesar" erzählt Gisbert Haefs aus der Perspektive des Leibkochs Caesars von der Eroberung Galliens, von Caesars Machtergreifung und den Intrigen während der letzten Jahre der römischen Republik.

Die Referenz an Brecht ist nicht der einzige Literaturspaß, den der mit allen Wassern der Postmoderne gewaschene brillante Erzähler Haefs in "Caesar" unternimmt: mit von der Partie ist etwa das versoffene Dichtergenie Catull, der aufmerksame Leser erlebt eine Verbeugung vor Douglas Adams, und ist es wirklich Zufall, dass die Namen von Haefs Helden Aurelius und Orgetorix an Asterix und Obelix erinnern?

Wie jeder historische Roman erzählt auch "Caesar" im Grunde von unserer Gegenwart. Dies müsste uns bundesrepublikanische Leser des Jahres 2007 im Grunde genommen beunruhigen: lässt Gisbert Haefs sein neues Buch doch in der Endphase einer von innen verrottenden Republik spielen, deren Mechanismen ebenso versagen wie ihre Moral.

Rezensiert von Dennis Scheck

Gisbert Haefs: Caesar
Heyne Verlag 2007
512 Seiten, Euro 21.95