"Gala" im HAU

Tanz als Philosophie des Scheiterns

Theater Hebbel am Ufer (HAU) Berlin
Theater Hebbel am Ufer in Berlin: "Gala" von Jérôme Bel ist ein beschwingter Tanzabend, an dem junge und alte Menschen mitwirken. © dpa/picture alliance/Paul Zinken
Von Elisabeth Nehring · 23.06.2015
Der französische Choreograf Jérôme Bel bringt auch in seiner neuesten Tanzproduktion "Gala" wieder Laien und Profis gemeinsam auf die Bühne. In dieser Woche feierte das Stück im Berliner HAU Deutschlandpremiere.
In seiner jüngsten, in Brüssel im Mai uraufgeführten Tanzproduktion "Gala" bringt der französische Choreograph Jérôme Bel Profitänzer und Laien, ältere Menschen und Kinder, Menschen mit und ohne Behinderung zusammen auf die Bühne. In Gala folgen sie der festgelegten Struktur einer Nummernrevue, versuchen sich beim Stichwort Ballett an Pirouetten oder an Michael Jacksons Moonwalk. Später wird die Gruppe als Kompanie das Solo eines Einzelnen nachtanzen.
Ein ungeheuer beschwingter Abend ist das, in dem die Kunst des Choreographen Jerome Bel darin besteht, eine Gruppenzusammensetzung, eine äußere Struktur, einen Rahmen und ein Timing zu schaffen, in dem der Dilettantismus der Laientänzer niemals peinlich wirkt, sondern – im Zusammenhang mit der ganzen Gruppe – immer als Vielfalt persönlicher Ausdrucksmöglichkeiten erscheint.
Sich mit allen Begrenzungen und Unperfektheiten ausstellen
Zwar stellen sich – außer den ein oder zwei geschmeidigen Vollprofis – die Darsteller mit all ihren Begrenzungen und in ihrer ganzen Unperfektheit aus, zugleich aber agieren sie auf der Bühne höchst professionell: ganz konzentriert, ernsthaft, sich selbst bewusst (und darin auch mitunter mit leichter Selbstironie). Sie wissen genau, was und warum sie tun, was sie tun – und erfüllen damit durchaus professionelle Bühnenkriterien.
Genau in diesem Spannungsfeld eines stringent gesetzten Rahmens sowie der professionellen Haltung aller Darsteller einerseits und der laienhaften, nicht-virtuosen, aber eben auch ganz unterschiedlichen Ausführung andererseits entfaltet der Abend seine große Stärke. Und die Entdeckung, dass der eigene Blick darüber hinaus keineswegs nur den Profis gilt, sondern sich gerade an der Individualität, der Verschiedenheit und Vielfalt erfreut, macht Gala so unheimlich charmant.
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