Frage des Tages

Im Rausch der Newsticker: Was eilt wirklich?

Auf der Website eines E-Mail-Providers wird am 20.12.2012 in Frankfurt am Main (Hessen) auf den "Weltuntergang im Live-Ticker" hingewiesen, der mit einem Klick zu erreichen ist.
Meldungen werden heute gern im Eiltempo verbreitet © dpa / picture alliance / Frank Rumpenhorst
Bernhard Pörksen im Gespräch mit Max Oppel · 07.07.2016
Früher waren Eilmeldungen den absolut wichtigsten Ereignissen des Tages vorbehalten. Heute wird "gepusht" und "geeilt", was das Zeug hält. Gehen in der Vielzahl der Top-Ereignisse die wirklich wichtigen Meldungen unter? Fragen an den Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen.
Eilmeldungen waren früher mal Ausnahmen: Historische Entscheidungen, Katastrophen, unerwartete Todesmeldungen. Heute sind die Maßstäbe weniger streng: Selbst Fußball-Zwischenstände oder die verspätete Ankunft eines Innenministers im Stadion werden schon mal zu Eilmeldungen.
Inmitten lauter angeblich drängender Themen, im Rausch der Newsticker - was eilt eigentlich wirklich? Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen von der Universität Tübingen konstatiert ein "permanentes Gebimmel". Er selbst lasse sich keine Eilmeldungen mehr aufs Handy schicken.

"Unkultur" der ständigen Push-Nachrichten

Laut Pörksen lässt die "Unkultur" der ständigen Push-Nachrichten sogar ein Informations-Vakkum entstehen: "So viel Neues gibt es ja gar nicht." Die Medien manövrierten sich auf diese Weise in eine "Spektakelsucht der permanenten Übertreibung" hinein, kritisierte er: "Und das ist keine gute Nachricht."
Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft
Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen: "Permanentes Gebimmel"© picture alliance / ZB - Karlheinz Schindler
Die vielen Eilmeldungen seien Ausdruck eines Wettbewerbs zwischen den Medien: "Wer kann schneller?" Doch natürlich sind an der "Spektakelsucht" auch die Empfänger der Nachrichten, wir Konsumenten, beteiligt. Pörksen sieht einen "permanenten Hunger nach Neuigkeiten". Nach Untersuchungen guckten Menschen 88 Mal am Tag auf ihr Handy. "Die Angst, irgendetwas zu verpassen, ist zu einem Sympton unserer Kultur geworden."
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