Flughafen Zweibrücken

Autoteststrecke, Showroom und Baggertestgelände

Regionalflughafen Zweibrücken
Im Jahr 2014 startete das letzte Passagierflugzeug vom Flughafen Zweibrücken. © imago/Eibner
Von Anke Petermann · 28.07.2016
Vor zwei Jahren musste der Flughafen Zweibrücken schließen: Der Airport hatte unzulässige staatliche Beihilfen in Höhe von fast 50 Millionen Euro eingestrichen und die Betreibergesellschaft war nicht in der Lage, die Gelder zurückzuzahlen. Inzwischen herrscht aber wieder geschäftiges Treiben auf dem Flugplatz.
Vor zwei Jahren musste der Flughafen Zweibrücken Insolvenz anmelden: Die Europäische Union hatte entschieden, dass der Airport unzulässige staatliche Beihilfen in Höhe von fast 50 Millionen Euro eingestrichen hatte – und die Betreibergesellschaft war nicht in der Lage, die Gelder zurückzuzahlen. Die Folge: Pleite und Aus für rund einhundert Mitarbeiter. Inzwischen aber hat sich der Standort in der rheinland-pfälzischen Westpfalz neu erfunden, rund um den Flugplatz herrscht wieder geschäftiges Treiben.
Einen Tag nach dem letzten Abheben einer Passagiermaschine fuhren die Flughafenfreunde Gerhard Meyer und Dieter Gab noch mal zum Zweibrücker Terminal.
"Isch bin mit demm Flughafen uffgewachst, wie der gabaut worre ist, von de Franzose, fuffzicher Johre. Da ware mir klaane Bube. Da wore die Franzose do, und dann sinn die Kanadier kommen, 1953, und 1969 sind die Kandier fort und die Ami komme, da war wieder n bisschen Aufschwung."
...in der ansonsten nicht sonderlich Aufschwung-verwöhnten Westpfalz. Das Aus für den Regional-Airport mit seiner wechselvollen Militär-Vergangenheit konnten die beiden Flughafenfreunde nicht fassen. Sie rüttelten noch mal an der Tür der kleinen verwaisten Abflughalle.
"Nee, da ist zu jetzt, offiziell geschlossen, in Winterpause."
In die Winterpause 2014 ging Zweibrücken als insolventer Regionalflughafen. Rundherum registrierte Gerhard Meyer:
"Friedhofsstimmung ist ja klar, ne."
Als privatisierter "Sonderlandeplatz" kam der Airport vor anderthalb Jahren aus der Winterpause zurück. Der Trierer Immobilien-Entwickler TRIWO hatte ihn zu einem unbekannten Preis vom Land Rheinland-Pfalz gekauft und millionenschwere Investitionen versprochen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer legte damals keinen Wert drauf, den rettenden Investor mit einer Rückzahlungsforderung über fast fünfzig Millionen Euro zu verschrecken.
Stattdessen verhandelte die Sozialdemokratin mit dem damaligen Wettbewerbskommissar…
"…ob man ein Stückweit da eine Befreiung bezogen auf die Rückforderungsansprüche erreichen kann."
Man konnte, weil der Genosse Wettbewerbskommissar sich dafür stark machte. Die fünfzig Millionen unerlaubter Beihilfen gehen also zu Lasten des rheinland-pfälzischen Steuerzahlers. Der finanzierte damit unter anderem Gebühren-Dumping, mit dem Zweibrücken dem ebenfalls subventionierten Nachbarflughafen im Saarland ein paar Billigflieger abgejagt hatte. Außerdem eine für Großflugzeuge ausgelegte Start- und Landebahn, länger als die des Nachbar-Airports Saarbrücken. Demnächst wird die Abflughalle zum Showroom umgebaut - für ein Großunternehmen, das noch nicht genannt werden darf.

Unbürokratisch und wesentlich günstiger als anderswo

In der Kleinflugzeug-Werft direkt nebenan sitzt Erwin Wall auf der Rückbank eines kleinen teuren Privatfliegers - im Handwerker-Overall.
"Ich schraube gerade unterm Sitz den Deckel auf, dass wir uns die Steuerungsseile und den Holm anschauen können. Ich bin Fluggerät-Mechaniker, zurzeit noch in der Ausbildung, und bin im Januar 2017 dann fertig."
Mit Aussicht auf einen festen Job bei der sechs Jahre alten Werft, die noch zwei Azubis beschäftigt und expandiert. Wozu Air Solutions keinen Passagierbetrieb braucht, konstatiert Werftleiter Patrick Kreissel. Im Gegenteil:
"Für uns ist das so besser, ist einfacher zu handhaben: Kein Sicherheitsbereich, kein großer, die Kunden können kommen, es ist alles sehr flexibel."
Unbürokratisch und wesentlich günstiger als anderswo, ergänzt Dieter Seiffert. Im Blaumann überprüft der Geschäftsführer der Nachbarwerft Aviation Technik die Flieger von Geschäftsleuten auch aus Hamburg und Frankfurt, Taschenlampe und Spiegel stets im Anschlag.
"Wobei die meiste Kundschaft aus München kommt, aber da ne Halle anzumieten, ist unbezahlbar. Und dann muss das wieder umgeschlagen werden auf den Kunden, dann werden die Preise zu hoch, dann kommt keiner mehr."
Ein paar Meter weiter macht Magnus Köpfer, Chef einer Luftfahrt-Firma, seinen Klein-Jet startklar:
"Ich hab jetzt gleich auch noch einen Geschäftstermin, da bin ich auch ein bisschen im Stress, und kann relativ schnell dahin kommen, wo ich hin muss. Ich muss auf die Schwäbische Alb, und das bedeutet halt für mich, mit dem Auto dreieinhalb Stunden, mit dem Flieger bin ich in 45 Minuten da. Und der Flughafen hier ist von der Infrastruktur her sehr gut, weil es hier auch Instrumenten-Anflugverfahren gibt, das heißt, man kann auch bei schlechtem Wetter noch hier landen und ist dadurch gerade wenn man das geschäftlich nutzt, einfach ein bisschen flexibler."

Durch hohe Zäune von neugierigen Blicken abgeschirmt

Zwei Autos, die bis dahin über den fünf Kilometer langen Rundkurs von Rollwegen, Start- und Landebahn kreisten, fahren rechts ran. Die Fahrer haben das Kommando über Funk bekommen. Testfahrer eines Automobil-Zulieferers, die in der Diskretion des sichtgeschützten Flughafengeländes Getriebe an ihre Belastungsgrenzen führen. Während Köpfers Klein-Jet zum Start rollt, legt ein TRIWO-Kontrolleur alle Einbahn- und andere Verkehrsschilder an der Autoteststrecke flach.
"Die Piste wird kontrolliert auf lose Teile, die vom Triebwerk angesaugt werden könnten. Gegebenenfalls wird die Piste gereinigt, und erst dann kann der Flugbetrieb losgehen. In 90 Prozent aller Fälle bekommen wir das in 10 bis 15 Minuten komplett hin."
… erzählt Benjamin Grünagel, Ende zwanzig und Allround-Talent: der Feuerwehrmann und Ex-Fluglotse bei der Austro-Control, die den Flugverkehr in Zweibrücken kontrollierte, stieg zum Standortleiter auf.
Mit fünf Mitarbeitern und 16 Aushilfen managt er den Rund-um-die-Uhr-Betrieb mit Just-in-Time-Fracht, Bundeswehr- und Ambulanzflügen, mit Werften und Flugschulen auf dem Gelände. Die Auto-Teststrecke teilen sich bis zu 20 Automobil-Zulieferer oder buchen sie exklusiv - je nachdem, wie geheim ihre Mission ist.
Dass das Gelände durch hohe Zäune vor neugierigen Blicken abgeschirmt ist, gefällt auch Bernd Knerr. Beim japanischen Baumaschinenhersteller Kubota ist er für die Entwicklung zuständig und lässt die Bagger-Prototypen übers Versuchsgelände auf dem Airport kurven. 25 von 500 Zweibrücker Kubota-Beschäftigten arbeiten hier.
"Wir bringen jetzt im September einen neuen Achttoner auf den Markt, der kriegt einen neuen Tiltmotor und so einige Features, dann habe wir hier Radlader stehen, wo mer anpassen - all das ist hier im Moment gang und gäbe."
Einen Hangar mit Gelände zum Testbaggern hat die Firma von TRIWO gemietet. Außerdem die Halle, aus der gerade ein Entwickler einen der rot lackierten Bagger fährt.
"Ja, wurde jetzt auf die Bedürfnisse von Kubota entsprechend umgebaut, ein Decken-Kran wurde eingebaut, Absauganlage für die Abgase von den Baggern", ...
... sagt Benjamin Grünagel.
Derzeit sei der Bau eines Gewerbeparks beantragt. Mieter könnten Autozulieferer und Logistiker sein, die schon angefragt hätten, sagt Peter Adrian am Telefon: Einen zweistelligen Millionen-Betrag will der Trierer TRIWO-Chef investieren, wenn er weitere Bauten genehmigt bekommt und die Nachfrage sich so entwickelt wie zum Beispiel am Flughafen Mendig in der Eifel.
Es geht voran im pfälzischen Zweibrücken. Die Friedhofsstimmung ist passé. Nur: Abheben in großem Stil geht hier nicht mehr.
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