Filme der Woche

Blutige Gier nach Sensationen

Die Szene des Films "Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis" zeigt den Kameramann Lou (Jake Gyllenhaal, r.) bei seiner rücksichtslosen Aufnahme eines Ereignisses auf der Straße.
Die Szene des Films "Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis" zeigt den Kameramann Lou (Jake Gyllenhaal, r.) bei seiner rücksichtslosen Aufnahme eines Ereignisses auf der Straße. © picture alliance / dpa / Concorde Filmverleih GmbH
Von Anke Leweke · 13.11.2014
Jede Nacht zieht Lou Bloom durch die Stadt, um als erster am Tatort von Morden und Unfällen zu sein - und die blutigen Bilder später an Privatsender zu verkaufen. Ein Film, der von einer alptraumhaften Atmosphäre lebt, meint unsere Kritikerin.
Dieser Film hat einfach einen fantastischen Look, eine seltsame traum- oder besser alptraumhafte Atmosphäre, die den Zuschauer mit in eine nicht enden wollende Nacht nimmt. Und in dieser ewigen Dunkelheit bezieht er Stellung, geht auf Bilderjagd. Jake Gyllenhal spielt Lou Bloom, einen Verlierer, der sich nicht mit seinem Schicksal abfindet, der seine ganz eigene Vision vom amerikanischen Traum auslebt. Beim Lotto, so sein Motto, könne nur gewinnen, wer auch das Geld für den Lottoschein habe.
Nach erfolgloser Jobsuche bewaffnet sich Lou mit einer kleinen Kamera, hört den Polizeifunk ab, um als erster beim Tatort zu sein. Später wird er die Bilder der Unfälle, Morde und anderen Verbrechen an einen der lokalen Privatsender verkaufen. Je blutiger und brutaler, desto besser das Geld und die Einschaltquote. Mit kleinen und auch größeren Nachinszenierungen am Schauplatz rückt Lou die Leichen ins gewünschte Licht.
Düstere Bilder mit enormer Sogkraft
Zugegeben, dem Thema des Voyeurismus, der Sensationslust, der Verflachung und Verfälschung von Nachrichten gewinnt dieser Film keine neuen Facetten ab. Dennoch entwickeln seine düsteren Bilder eine seltsame Sogkraft, einen bitteren Nachhall. Und das hängt mit Jake Gyllenhal und seiner Darstellung eines zynischen Helden zusammen, der für seine Karriere buchstäblich über Leichen geht.
In manchen Kritiken wird der Vergleich mit Robert de Niro und seinem Taxidriver gezogen. De Niros Travis Bickle will das Gute, schafft aber das Böse. Doch schon zu Beginn bewegt sich Gyllenhals Lou jenseits aller moralischen Kategorien, er ist ein Wesen der Nacht, der Abgründe, der Dunkelheit, weil er schon lange kein Licht am Horizont mehr gesehen hat. Es ist eine egoistische, ungerechte Welt, die ihn zum nihilistischen Soziopathen hat werden lassen. Mit zurückgegeltem Haar, immer größer werdenden Ringen unter den Augen und einer bedrohlich heiseren Stimme wirkt er wie ein endlos gieriges Geschöpf der Nacht, das die Perversion seiner Gesellschaft weiter pervertiert. Er ist ein Monster, das wir letztlich alle geschaffen haben.

Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis
USA 2014; Regie: Dan Gilroy; Mit: Jake Gyllenhal, Rene Russo, Riz Ahmed; 117 Minuten

Mehr zum Thema