Fake-Tweets über isländische Fußballer

Die Mannschaft, die aus dem Nichts kam

Der aus Island stammende Autor Halldor Gudmundsson
Der aus Island stammende Autor Halldor Gudmundsson © dpa/ picture-alliance/ Fredrik von Erichsen
Halldór Gudmundsson im Gespräch mit Max Oppel · 29.06.2016
Ein ärmliches Land voller Elfen und Vulkane – so scheint das gängige Island-Bild auszusehen. Mit Fake-Tweets über isländische Fußballer wurden diese Klischees verspottet. Das sei eine "wunderbare" Idee, findet der Schriftsteller Halldór Gudmundsson.
Eine Insel mit rund 330.000 Einwohnern gegen das Mutterland des Fußballs – das war wie David gegen Goliath. Fußball-Legende Gary Lineker twitterte nach dem verlorenen Spiel gegen Island: "Englands schlimmste Niederlage. Geschlagen von einem Land, das mehr Vulkane als Profifußballer hat."
Vulkane, Eis, Elfen, Walküren, Trolle und viel Fisch – viele Klischees scheinen das Island-Bild zu bestimmen. Der Autor Dagur Hjartarson brachte weitere Verwirrung: Er versorgte die Menschen über Twitter mit jeder Menge Infos und Bildern zum Nationalteam.
Der Torschütze Ragnar Sigurosson etwa sei in einer archaisch anmutenden Strohhütte am Meer aufgewachsen, so die frei erfundene Information in seinem Tweet – die Welt war bereit, das zu glauben.

"In Island glaubt kein Mensch an Elfen"

Diese Fake-Tweets seien "wunderbar", sagte der isländische Schrifsteller Halldór Gudmundsson im Deutschlandradio Kultur:
"Denn er macht sich ja nicht nur über uns lustig, was sehr schön ist, sondern über die Vorstellungen anderer von Island, was natürlich auch wieder lustig ist. Denn ein klitzekleines Bisschen ist da dran. Das heißt, es gibt in diesem Land jede Menge von Elfen-Geschichten. Aber kein Mensch in Island glaubt daran. Ich glaube, es gibt inzwischen mehr Deutsche, die an isländische Elfen glauben."
Island sei ein Land der Widersprüche, meinte der Autor:
"Wenn Sie Reykjavik besuchen, ist das ja eine sehr moderne Gesellschaft. Nirgendwo gibt es so eine Konzentration von Smartphones und so weiter, es sei denn in Südkorea. Auf der anderen Seite sind 90 Prozent des Landes unbewohnt und unbewohnbar."

Keine Strohhütten, sondern feste Hallen zum Fußballspielen

Er glaube, dass man sich nach diesen Fake-Tweets und im Zuge der Fußball-EM mehr mit der Realität Islands beschäftigen werde:
"Alle mögen ja Mannschaften, die scheinbar aus dem Nichts kommen und interessieren sich dann natürlich für den Hintergrund. Die Wahrheit ist, dass sie eben nicht in diesen Hütten Fußball gespielt haben. Sondern dann man seit 20 Jahren hier Hallen baut, damit man auch im Winter Fußball spielen kann."
Mehr zum Thema