Erstes deutsch-israelisches Fußballspiel

"Der Sport schlägt Brücken"

Deutsch-israelische Freundschaft - hier bei einem Fußball-Länderspiel im Mai 2012 in Leipzig
Deutsch-israelische Fußball-Freundschaft: Lange Zeit keine Selbstverständlichkeit (hier eine Aufnahme von 2012) © dpa / picture alliance / Jens Wolf
Von Bernd Sobolla · 24.03.2017
Vor 30 Jahren trafen die israelische und die deutsche Fußballnationalmannschaft erstmals in einem Freundschaftsspiel in Tel Aviv aufeinander. Der Weg dahin war beschwerlich, aber förderlich für die Annäherung zwischen den beiden Staaten.
Wenn in einer Woche im Berliner Babylon-Kino das Fußballfilmfestival "11-mm" eröffnet wird, laufen dort auch einige in Israel spielende Filme. Damit erinnert das Festival an das erste Freundschaftsspiel zwischen den Fußballnationalmannschaften aus Israel und Deutschland, das vor 30 Jahren am 25. März 1987 stattfand. Für das denkwürdige Spiel im Stadion von Tel Aviv waren langjährige Vorbereitungen nötig. Im Stadion selbst herrschte dann allerdings erstmal einmal nur die übliche Aufregung:
"Und jetzt also das Duell Ari Rahn gegen Lothar Matthäus. Der Bayer läuft an, schießt und Tor! Beifall. Keine Chance für den Keeper Israels in diesem Moment. Das ist die 79. Spielminute in Ramat Gan bei Tel Aviv. Lothar Matthäus erzielt per Foulelfmeter das 2:0 für die deutsche Mannschaft."

Angespannte Stimmung auf den Rängen

Der Bann ist gebrochen: Seit der Gründung Israels hatte es fast 40 Jahre gedauert, bis die beiden A-Nationalmannschaften Israels und Deutschlands gegeneinander spielten. Doch zum Feiern gab es wenig Anlass: Staatspräsident Chaim Herzog war nicht ins Stadion gekommen, der Vizepräsident des israelischen Fußballverbandes Ari Kraemer hatte beim Abspielen der deutschen Hymne aus Protest das Stadion verlassen. Ein zäher Anfang, wie es Birger Schmidt, Wissenschaftler und Leiter des Fußballfilmfestivals, betont:
"1987 war wahrlich nicht alles so rund. Das Verhältnis war noch sehr, sehr sensibel. Man versuchte keine Fehler einzugehen. Gleichzeitig waren die Spieler wohl nicht richtig vorbereitet auf diesen Besuch."

Langjährige Annäherungen

Im Hintergrund jedoch waren die Beziehungen wesentlich besser und langjährig aufgebaut worden: 1954 gewinnt Deutschland die Fußballweltmeisterschaft, die Israelis reagieren und schicken ab 1957 – damals noch mit Sondergenehmigung – ihre besten Trainer an die Sporthochschule nach Köln. Die Lehrgänge leitete Hennes Weisweiler, der spätere Meistertrainer von Borussia Mönchengladbach:
"Ich liebe es, junge Leute zu fördern, fußballerisch. Aber dazu gehört natürlich auch, dass man sie charakterlich formt."
Weisweiler freundet sich mit Edi Schaffer an, der zu den ersten israelischen Absolventen der DFB-Schmiede gehört. Schaffer war im Ruhrgebiet aufgewachsen, seine Familie gehörte zu den Opfern des Holocausts. Die Freundschaft zwischen Weisweiler und Schaffer bildet eine Art Keimzelle der israelisch-deutschen Kooperation, und Weisweiler leitet auch Fußball-Seminare in Israel, wie Birger Schmidt erläutert:
"… und 1970 dann ganz herausragend Borussia Mönchengladbach mit dem wunderbaren Trainer Hennes Weisweiler nach Israel gereist ist und dort ein Freundschaftsspiel gegen die israelische Nationalmannschaft ausgeführt hat."
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Festivalleiter Birger Schmidt© Deutschlandradio / Bernd Sobolla
Dabei fliegt die Mannschaft trotz Terrorwarnungen mit einer Maschine der Bundeswehr nach Israel. Einer der Stars ist der dreifache Torschütze Herbert Laumen:
"Wir sind natürlich mit gemischten Gefühlen hingeflogen. Unsere Frauen waren auch nicht gerade begeistert davon. Denn es gab ja immer wieder Unruhen. Dann haben wir allerdings ein Spiel hingelegt vom Feinsten. Haben die Nationalmannschaft 6:0 geschlagen. Dann war es, dass die israelischen Sportfans oder Fußballfans uns mit stehenden Ovationen verabschiedet haben."
Und bis weit in die Nacht werden die deutschen Gäste in ihrem Hotel von den Israelis gefeiert: "Dort ist das Eis gebrochen worden. Also nicht unbedingt 17 Jahre später bei der Nationalbegegnung."
Ebenfalls 1970 führt Edi Schaffer – mit seinem Mentor Hennes Weisweiler im Rücken - das israelische Team als Nationaltrainer zum ersten und bisher einzigen Mal zu einer Fußball-Weltmeisterschaft. Mit dabei ist Mordechai Spiegler. Er schießt im Spiel gegen Schweden das 1:1, das bisher einzige WM-Tor Israels. Bei der WM-Vorbereitung in Deutschland freundet sich Spiegler auch mit deutschen Spielern an. Über die Vergangenheit sprechen sie nicht:
"Warum sollten wir über eine Vergangenheit sprechen, an der wir nicht beteiligt waren? Ich habe Spieler wie Günther Netzer nie gefragt, was ihre Eltern im Krieg gemacht haben. Um die Geschichte sollten sich die Historiker kümmern. Ich wollte auf dem höchsten Niveau Fußball spielen. Fast wäre ich nach Mönchengladbach gewechselt. Ich hatte sogar Kontakte zu Bayern München. Ich habe die Politik hinter mir gelassen. Hass sollte in meinem Leben keine Rolle spielen."
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Das Fußballfilmfestival "11mm" erinnert an das erste Freundschaftsspiel der deutschen und israelischen Nationalmannschaften vor 30 Jahren.© Deutschlandradio / Bernd Sobolla

Annäherung über den Sport

Was bei Mordechai Spiegler nicht klappt, gelingt zwei Jahre später Shmuel Rosenthal. Er wird von Borussia Mönchengladbach als erster israelischer Spieler für die Bundesliga verpflichtet. In seiner Heimat ist die Freude verhalten.
"Ich glaube, dass ich der erste Israeli war, der das Tor in gewisser Weise für alle anderen Spieler geöffnet hat. Aber damals vor 40 Jahren galt man noch als Verräter, wenn man ins Ausland ging."
Und Borussia Mönchengladbach bestreitet jährlich Testspiele gegen israelische Teams. Der Verein und Spieler wie Fußball-Weltmeister Jupp Heynckes bringen maßgeblich den Ball der Annährung ins Rollen:
"Das hat sicher auch in Israel Anklang gefunden. Und ich finde, dadurch sind auch die diplomatischen Beziehungen irgendwie leichter geworden. Weil der Sport schlägt Brücken. Und wir sind sehr oft dann hingeflogen und sind unheimlich gastfreundlich behandelt worden."
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