Ernährung

Die Welt satt bekommen

Ein Mann schiebt sich einen Dominowürfel mit Grille
Dominowürfel mit Grille: Insekten sind gesund und proteinreich. © picture alliance / dpa
Von Johannes Kaiser · 29.01.2015
Die Weltbevölkerung wird bis 2050 auf fast zehn Milliarden Menschen anwachsen. Um sie zu ernähren, müssen neue Wege der Lebensmittelproduktion gefunden werden. Gegrillte Raupen und Maden könnten daher bald auch hierzulande auf die Teller kommen.
Allein die Lebensmittel, die in Nordamerika und Europa weggeworfen werden, könnten rein rechnerisch alle Hungernden der Welt dreimal satt machen. Dass Millionen Menschen darben, ist kein Resultat zu geringer Produktion als vielmehr ein Ergebnis mangelhafter Lagerung und Verteilung sowie fehlenden Einkommens, schreiben Valentin Thurn und Stefan Kreuzberger. In ihrem Buch "Harte Kost" rechnen sie gleich auf den ersten Seiten mit einigen typischen Vorurteilen über den Hunger und seine Ursachen ab.
Der Dokumentarfilmer Valentin Thurn, der auch einen Film zu dem Thema plant, erzählt von seinen Interviews mit Bauern, Forschern, Bankern und Unternehmensvertretern rund um die Welt, während der Journalist Stefan Kreuzberger vor allem die in den Text eingeschobenen Hintergrundinformationen liefert – eine merkwürdige Mischung aus Erlebnisberichten und Fakten entsteht so, die bisweilen den Lesefluss stört.
Mischung aus Erlebnisberichten und Fakten
Darüber hinaus finden sich in ihrem Buch viele bekannte Fakten: So erfährt man, dass einige wenige Multinationale Unternehmen den größten Teil der Saatgut-Patente besitzen oder dass intensive Landwirtschaft mit Kunstdünger und Pestiziden die Bodenfruchtbarkeit verringert. Die Autoren setzen sich auch mit Massentierhaltung und Futterproduktion auseinander. Schockierend ist der Zynismus von Börsenmarklern, die hohe Lebensmittelpreise als Hungerbekämpfung anpreisen, weil das zu mehr Produktion und damit fallenden Preisen führe. Dass zwischendurch Millionen Menschen hungern, weil sie die hohen Preise nicht bezahlen können, blenden die Spekulanten aus.
An vielen Stellen im Buch werden der konventionellen Landwirtschaft erfolgreiche Ökoprojekte gegenüber gestellt: So hat ein Reisbauer in Indien mit einer verbesserten Pflanzmethode 22,4 Tonnen Reis pro Hektar geerntet – ohne den Einsatz von Kunstdünger und Pestizide, ohne die speziellen Hochleistungssorten des Saatgutkonzerne. Ein Weltrekord.
Heuschrecken - eine gesunde, proteinreiche Kost
Valentin Thurn und Stefan Kreuzberger beschreiben auch für den Westen ungewohnte Lebensmittel: In einigen Ländern Afrikas und Asiens isst man gegrillte Raupen, Heuschrecken, Maden - eine gesunde, proteinreiche Kost, die zukünftig auch hierzulange eine Rolle spielen könnte. In niederländischen Labors wird künstliches Fleisch hergestellt und in Kanada Genlachs gezüchtet. Vorgestellt wird der Anbau von Pflanzen auf Nährsubstraten in Hochhäusern unter künstlichem Licht ebenso wie die Wiederentdeckung städtischer Gartenkultur.
Die Autoren geben - so objektiv wie möglich - die unterschiedlichen Positionen aller Beteiligten wieder, dennoch liegen ihre Sympathien eindeutig bei der ökologischen Landwirtschaft. Die könnte es ihrer Ansicht nach durchaus schaffen, den Hunger in der Welt zu beseitigen, ohne die Böden oder das Klima zu schädigen. Man müsste es nur wollen.

Valentin Thurn/Stefan Kreutzberger: Harte Kost – Wie unser Essen produziert wird. Auf der Suche nach Lösungen für die Ernährung der Welt.
Ludwig Verlag, München 2014
320 Seiten, 17,50 Euro

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