Ernährung

Dick und krank durch Sojaöl

Eine dicke Frau sitzt am Strand.
Eine US-Studie legt nahe, dass das Öl aus der Sojabohne dicker macht als Kokosfett © Matt Cardy / Getty Images
Von Udo Pollmer · 26.08.2016
Soja ist gesund, das Öl aus der "Wunderbohne" gilt als "gutes Fett". Doch eine US-Studie legt nun den Verdacht nahe, dass Sojaöl womöglich viel schädlicher für die Gesundheit ist als andere Fette.
Egal ob Schwabbelbauch, Diabetes oder Fettleber, alles kommt vom falschen Essen – darüber herrscht unter Ernährungsexperten Einigkeit. Die Schuldigen sind längst ausgemacht: zu viel Fett, speziell gesättigte Fette und zu viel süße Limonade. Denn die enthält vor allem in den USA Fruktosesirup (HFCS), der bekanntlich die amerikanischen Kinder verfetten lässt und zu allem Überfluss auch noch Diabetes erzeugt. Nun wurden exakt diese populären Thesen an einer kalifornischen Uni an Mäusen geprüft: Die Physiologen verglichen die Wirkung von Sojaöl mit gehärtetem Kokosfett und beide Öle nochmals zusammen mit viel Fruktose.
Sollten die populären Thesen auch nur halbwegs stimmen, dann müsste Sojaöl als Sieger hervorgehen – als Verlierer die Kombination von Kokosfett mit Fruktose. Der Fettanteil machte übrigens in allen Versuchen 40 Prozent der Gesamtkalorien aus, das entspricht in etwa den Ernährungsgewohnheiten in Deutschland und den USA. Der verwendete Mäusestamm gilt als typischer Modellorganismus, wenn es darum geht, menschliche Krankheiten abzubilden.

Schädlicher als Fructose?

Das Ergebnis stellt so ziemlich alles auf den Kopf, was unsere Experten bisher zu wissen glaubten. Ich zitiere die Forscher: "Zusammengefasst legen unsere Resultate nahe, dass eine Ernährung mit viel Sojaöl abträglicher für die metabolische Gesundheit von Mäusen ist als eine Kost mit viel Fruktose oder viel Kokosfett."

Schau'n wir uns mal die Details an: Die Mäuse mit dem Sojaöl wurden viel fetter als mit Kokosfett. Im Alter von 35 Wochen waren sie circa 25 Prozent schwerer als die Kokosmäuse – sie hatten vor allem jede Menge Unterhautfettgewebe angesetzt. Wurde das Sojaöl mit reichlich Fructose ergänzt (statt Maisstärke), dämpfte der Zucker sogar die verfettende Wirkung von Soja. Fazit der Forscher: "Sojaöl verursacht eine stärkere Gewichtszunahme und mehr Adipositas als Fruktose" - eine weitere Überraschung.
Anbau in Brasilien: Gensoja auf einem Feld
Anbau in Brasilien: Gensoja auf einem Feld© picture alliance / EPA / Weimer Carvalho

Massive Fettleber

Die höchst unterschiedliche Gewichtsentwicklung zeigt, dass die berühmten "Kalorien" ziemlich überschätzt werden. Doch wer ist dann der Dickmacher? Als Ursache kommen da eigentlich nur die Hormone, die Phytoöstrogene der Sojabohne infrage. Dabei ist zu beachten, dass die Hormongehalte im Öl starken Schwankungen unterliegen. Man weiß nie, wieviel man gerade im Essen hat.
Dass Hormone für den Effekt verantwortlich sind, bestätigen Versuche mit neugeborenen Ratten, denen 22 Tage lang Genistein verabfolgt wurde, also das wichtigste Sexualhormon im Sojaöl. In der Folge verfetten die weiblichen Ratten. Das Erschreckende: Die Tiere wiesen in ihrem Blut die gleichen Genisteinspiegel auf wie Säuglinge, die statt Muttermilch Soja-Formula trinken. Weitere Fütterungsversuche ergaben zudem, dass der weibliche Nachwuchs durch Genistein früher in die Pubertät kommt.
Für eine hormonelle Deutung der Befunde spricht, dass in der eingangs genannten Studie die Mäuse durch Sojaöl nicht nur verfetteten, sie bekamen auch Probleme mit der Leber: Die Soja-Mäuse entwickelten eine massive Fettleber. Übrigens hatte in diesem Falle auch die Fruktose Folgen: Sie erhöhte ebenfalls das Gewicht der Leber – schädigte sie aber längst nicht so wie Sojaöl.

Forscher: "Sojaöl verursacht Diabetes"

Besorgniserregend sind die gesundheitlichen Folgen für den Zuckerstoffwechsel der Mäuse. Um es kurz zu machen, hier das wörtliche Ergebnis: "Sojaöl verursacht Diabetes, Glucoseintoleranz und Insulinresistenz." Wurde jedoch statt Sojaöl Kokosfett mit viel gesättigten Fettsäuren verfüttert, blieb der Effekt aus. Auch eine Mischung aus Kokosfett mit reichlich Fructose hatte keine nachteiligen Wirkungen.
Mit dem Sojaöl haben wir offenbar gleich drei fette Brummer mit einer Klappe erwischt: Übergewicht, Fettleber und Diabetes. Bingo. Solche Befunde hätten ein großes Echo verdient, noch dazu ist die Studie für jedermann frei zugänglich – aber in Deutschland herrscht nur beredtes Schweigen. Wovor hat man denn so Angst? Wenn es darum geht, die Community mit lausigen Ernährungs-Theorien verrückt zu machen, sind die Experten ja auch nicht gerade zimperlich. Mahlzeit!

Literatur
Deol P et al: Soybean oil Is more obesogenic and diabetogenic than coconut oil and fructose in mouse: potential role for the liver. PLoS One 2015; 10: e0132672
Cao J et al: Soy but not bisphenol A (BPA) or the phytoestrogen genistin alters developmental weight gain and food intake in pregnant rats and their offspring. Reproductive Toxicology 2015; 58: 282-294
Strakovsky RS et al: Genistein exposure during the early postnatal period favors the development of obesity in female, but not male rats. Toxicological Sciences 2014; 138; 161–174
de Lima Toccafondo Vieira M et al: Comparison of the estrogenic potencies of standardized soy extracts by immature rat uterotrophic bioassay. Phytomedicine 2008; 15: 31-37
Zhao X et al: Simultaneous determination of isoflavones and resveratrols for adulteration detection of soybean and peanut oils by mixed-mode SPE. Food Chemistry 2015; 176: 465–471
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