Einen Neuanfang wagen

Von Anke Leweke · 11.07.2012
Zwei Filme mit einer ähnlichen Geschichte starten in dieser Woche. Zwei Filme mit jungen Frauen im Mittelpunkt, die ihr Leben verändern wollen. Der eine kommt aus Rumänien, der andere ist eine französisch-belgische Koproduktion.
Zwei junge Frauen, zwei Todesfälle, zwei Versuche, ein neues Leben zu beginnen - auch wenn die Geschichten ähnlich klingen, könnten die Filme nicht unterschiedlicher ausfallen. Der rumänische Regisseur Bodan George Petri schickt seine Heldin durch eine Tour de Force, durch ein gnadenloses Land, in dem sich jeder selbst der nächste ist. Sein französischer Kollege Pierre Duculot bevorzugt wiederum das Melodram, den märchenhaften Unterton.

Die Ausgangslage ist in beiden Filmen zunächst jedoch gleich: Das Leben beider Heldinnen ist festgefahren, ohne größere Perspektive. Christina arbeitet in einer Pizzeria in einem Bergarbeiterstädtchen, nur dass die Mine schon lange stillgelegt ist, die meisten Menschen arbeitslos sind.

Auch die Zukunftsaussichten von Matilda sind alles andere als rosig, sie sitzt unschuldig im Gefängnis und hat ihren kleinen Sohn schon seit einigen Jahren nicht mehr sehen dürfen. Zwei Todesfälle könnten Veränderungen mit sich bringen.

Als die Großmutter auf Korsika Christina ein Häuschen vermacht, entschließt sie sich gegen den Willen ihres Freundes dort hinzuziehen, einen Neuanfang zu wagen. "Das Haus auf Korsika" ist der perfekte Sommerfilm, der mit unser aller Sehnsucht nach Veränderung, nach Idylle und Glück in schöner Umgebung spielt. Die Sonne lacht vom Himmel, die Korsen sind ein freundliches Völkchen, und dann gibt es noch den netten Schäfer Pascal.

Doch auch das Leben auf Korsika kennt nicht nur Freiheit. Als Christina beginnt, sich mit der Geschichte ihrer Großmutter auseinanderzusetzen, muss sie erfahren, dass auf der Insel noch sehr traditionell gedacht und gelebt wird, die Männer das Sagen haben, ihre Großmutter wie in einem goldenen Käfig gelebt hat. So muss die junge Frau nicht nur das baufällige Haus wieder bewohnbar machen, sondern sich auch Strukturen schaffen, in denen sie endlich sie selbst sein kann. Das Drehbuch legt dieser Emanzipationsgeschichte keine größeren Steine in den Weg.

Wesentlich unbarmherziger springt das Schicksal hingegen mit Matilda um. Dass es das Leben bisher nicht gut mir ihr meinte, zeigen schon ihre stets düsteren Gesichtszüge. Ihre Schultern sind meist hochgezogen, sie scheint in Deckung zu gehen, als müsste sie sich vor ihrer Umgebung schützen. Die unschuldig inhaftierte Frau bekommt 24 Stunden Freigang, um zur Beerdigung der Mutter zu fahren. Diesen Zeitraum möchte Mathilda nutzen, ihren Sohn zu holen, um dann gemeinsam mit dem Kleinen nach Westeuropa zu fliehen.

"Periferic" ist aufgebaut wie ein kriminalistisches Sozialdrama. Die Spannung zieht der Film aus der knappen Zeit, aus der nahezu unmöglichen Aufgabe, Geld aufzutreiben. "Perefic" ist Genrekino, das auf dem Boden der Wirklichkeit bleibt. Der Film ist ein eintägiges Roadmovie durch eine Gesellschaft, in der jeder für sich alleine ums Überleben kämpft. Noch lange wird einem das entschlossene Gesicht dieser jungen Frau in Erinnerung bleiben!


Film: "Das Haus auf Korsika"
Frankreich / Belgien 2011. Originaltitel: Au cul du loup. Regie: Pierre Duculot. Darsteller: Christelle Cornil, François Vincentelli, Jean-Jacques Rausin, Pierre Nisse, Roberto D'Orazio, Marijke Pinoy, Cédric Eeckhout. Ab 6 Jahren. 82 Minuten.

Film: "Periferic"
Rumänien / Österreich 2010. Regie: Bogdan George Apetri. Darsteller: Ana Ularu, Andi Vasulianu, Iona Flora, Mimi Branescu, Timotei Duma, Ingrid Bisu, Andrei Gheorghe, Cristian Gras. 87 Minuten.

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