Eine Galerie ehrt ihre Spender

Von Johannes Halder · 06.08.2011
Mit der Ausstellung "SammlungsSchau: Geschenkt!" begeht die Städtische Galerie Karlsruhe ihr 30-jähriges Bestehen. Dass die Sammlung ein überregionales Profil hat, ist ganz wesentlich dem Kölner Sammler-Ehepaar Ute und Eberhard Garnatz zu verdanken.
Rund 700 hochrangige Werke haben die Beiden im Lauf ihres Lebens zusammengetragen, zehn davon haben sie der Städtischen Galerie bereits geschenkt, der Rest befindet sich seit 1996 als Leihgabe in der Galerie.

Als normale Gehaltsempfänger und mit viel Geschick hat das Kölner Sammlerpaar Ute und Eberhard Garnatz seit den 70er-Jahren eine bemerkenswerte Kollektion hochwertiger Kunstwerke zusammengetragen. Der Wert der Sammlung wird auf 40 Millionen Euro geschätzt.

Kürzlich hat der Sammler Eberhard Garnatz mal wieder ein Bild ausgeliehen, für eine Schau mit Werken von Sigmar Polke in einer Kölner Galerie. Es zeigt vier Berliner Pfannkuchen und einen Bäcker mit weißer Mütze, die Polke 1965 gemalt hatte, mit schwarzweißen Rasterpunkten auf zwei Quadratmeter Leinwand. Kurz darauf rief der Galerist den Sammler an und sagte, er habe einen Kunden, der drei Millionen Euro dafür zahlen wolle. Garnatz lehnte ab. Geld macht ihn nicht schwach, obwohl er das Bild Anfang der 70er-Jahre noch auf Raten abgestottert hatte.

"Diese Polke-Arbeit, war eine Galerie in Berlin. Und ich war auf einer Dienstreise in Berlin und sah das: Na, kaufen wir, - und da haben wir ein Jahr abgezahlt, 16.000 Mark."

16.000 Mark, für Garnatz war das damals hart am finanziellen Limit:

"Ich war Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer. Mein Gehalt war gut, meine Frau war immerhin Ministerialrätin, und dann haben wir auch mal Geld geliehen, irgendwie haben wir es dann geschafft, das abzubezahlen. Wir hatten also ein Prinzip, nie Teureres als 20.000 Mark."

Das Sammlerpaar fuhr gut mit dieser Strategie. Ein kapitales Bild von Markus Lüpertz, frühzeitig eingekauft für 7.000 Mark, ein Penck für 12.000, ein Hauptwerk von Baselitz für 16.000 Mark, immer wieder auf Kredit.

Rund 700 Werke sind es mittlerweile, alles erste Klasse. Ganze Werkblöcke von Sigmar Polke, 269 Arbeiten von Marlene Dumas, Arbeiten von Jörg Immendorff, Rosemarie Trockel oder Walter Dahn. Auch zwei Bilder von Gerhard Richter hatte das Sammlerpaar schon besessen.

"Ein frühes und dann so ein großes buntes. Und ich wollte dann ein drittes kaufen, das kostete dann 100.000 Mark. Und dann hatte sich das erledigt für uns. Und dann haben wir die beiden verkauft und haben dafür eben Baselitz und Polke und so gekauft."

Ja, gibt Garnatz zu, er habe den Verkauf der beiden Richter-Bilder hin und wieder schon bereut. Ein Trost sei aber, dass das frühe Bild inzwischen im Nationalmuseum von Tokio hänge. Auch ein Bild von Anselm Kiefer hat er wieder abgegeben, nachdem er merkte, dass er sich weitere Bilder des Künstlers nicht mehr leisten konnte. Zwar hatte der Sammler nie so etwas wie ein Konzept, aber ein Prinzip: Das Sammeln von Einzelstücken, sagt Garnatz, sei völlig sinnlos, weil sich die Idee eines Künstlers nie in einem Werk allein entfalte.

Und noch etwas, natürlich, war vonnöten, um eine solche Sammlung aufzubauen: ein bisschen Charme, Beharrlichkeit und Pragmatismus und ein Gespür für das, was einmal Bestand haben wird. Dazu eine Konstellation, wie sie in den 70er Jahren wohl nur die Kunststadt Köln zu bieten hatte: Ein Kunstmarkt, der gerade erst am Entstehen war, gute Kontakte, unterschätzte Künstler, und nicht zuletzt die Leidenschaft. Zum Beispiel für Sigmar Polke.

"Die Denke von ihm hat mir gefallen. Ich war auch mit ihm befreundet und er hat auch einiges geschenkt."

Das zahlte sich aus. Rund 40 Millionen Euro, sagen Experten, ist die Kollektion inzwischen wert. Doch der Sammler nimmt die Summe gelassen.

"So furchtbar aufregend finde ich das nicht, wenn das immer teurer wird. Und wir haben nie gekauft mit der Absicht, irgendwie Geld zu machen. Das sind die Spekulanten."

Dass die Kollektion seit 15 Jahren als Leihgabe in der Karlsruher Städtischen Galerie ihre Heimat hat und nicht in Köln, hat seine Gründe, sagt der Jurist Garnatz, der in Karlsruhe einst seine Referendarzeit abgeleistet hatte. Der Kölner Klüngel sei ein Kapitel für sich.

"Ich will jetzt nicht die Kölner Verhältnisse nennen. Köln ist Weltmeister im Vertreiben von Sammlungen gewesen."

In Karlsruhe findet das Ehepaar Garnatz seine Schätze ganz gut aufgehoben.

"Ich sage mal: Ein Bild, was im Lager steht, ist kein Bild. Das hat Polke sehr treffend genannt: Bilder sind beleidigt, wenn man sie nicht anguckt."

Eberhard Garnatz, im Oktober wird er 77 Jahre alt, macht sich dennoch Sorgen um die Sammlung. Seine Tochter, die in Köln selbst eine Galerie betreibt, wird das mal alles erben. Aber, sagt er:

"Es ist ja so, wenn wir mal tot sind, dann fällt Erbschaftssteuer an. Und dann muss man ein Drittel der Sammlung verkaufen, um die zu bezahlen. Man kann dem entgehen, wenn nach unserem Tod noch mal zehn Jahre das als Dauerleihgabe, und dann ist es frei."

Brigitte Baumstark, die Leiterin der Städtischen Galerie in Karlsruhe, lässt das hoffen, insgeheim sogar auf eine Schenkung:

"Das wäre natürlich fantastisch, wenn das bei uns bleibt, weil uns das natürlich in eine ganz andere Kategorie hebt in Bezug auf unsere eigene Sammlung. Da sind natürlich Spitzenwerke der Kunst dabei, und das ist für uns natürlich fantastisch."