Ein Londoner Wahrzeichen

Von Jens Brüning · 29.09.2009
Der "London Metropolitan Police Service" war vor 180 Jahren eine Neuheit - in Frack und Zylinder gingen sie damals noch auf Streife. Heute ist der Bobby eine Londoner Institution.
Er ist bekannt aus Fernsehen, Film und Tourismuswerbung. Immer steht er in seiner dunkelblauen Uniform mit hohem Helm und Silberstern gleich neben dem Big Ben und anderen Sehenswürdigkeiten und lächelt freundlich: der Bobby. Seinen Namen bekam er vom Volksmund, denn der britische Innenminister, dem er seine Existenz verdankt, hieß Robert "Bobby" Peel. Er schuf die erste reguläre Polizeiorganisation der Welt, den Metropolitan Police Service. John Gay hatte die im 18. Jahrhundert herrschenden Zustände im Bereich von Recht und Gesetz in seiner "Bettleroper" karikiert.

"Since Laws were made for ev'ry degree, / To curb vice in others, as well as me, / I wonder we han't better company, / Upon Tyburn Tree! / But Gold from Law can take out the sting / And if rich men like us were to swing / 'Twou'd thin the land, such numbers to string / Upon Tyburn Tree!”"

Die kleinen Ganoven werden gehängt. Wer Geld hat, kann sich freikaufen. So ist die angestrebte Gleichheit vor dem Gesetz gerade nicht gewährleistet, meint John Gay. Für Ruhe und Ordnung sorgten noch im beginnenden 19. Jahrhundert Gerichtsdiener, ehrenamtliche Wachtmeister und Nachtwächter oder notfalls das Militär. Robert Peels Idee war, eine zentralisierte und uniformierte Truppe zur Verfügung zu haben. Der langjährige Chef der Londoner Polizei Commissioner Sir Richard Mayne gab die Parole aus:

" "Das oberste Ziel effektiver Polizeiarbeit ist die Verbrechensprävention. Es ist dabei stets darauf zu achten, dass die Polizei die Unterstützung der Öffentlichkeit hat."

Am 29. September 1829, um sechs Uhr morgens, gingen die ersten regulären Londoner Polizisten auf Streife. Ihre Uniform sah eher zivil aus: blauer Frack und hoher Zylinder. Die Metropolitan Police hatte damals 1000 Mann, war im Scotland Yard nahe dem Innenministerium stationiert und betrieb fünf weitere Wachen. In der britischen Metropole lebte bereits über eine Million Menschen. In den ersten Jahren ihrer Existenz hatte die Londoner Polizei viel mit aggressiven Versammlungen von Arbeitern oder irischen Freiheitskämpfern zu tun. Revolutionäre Unruhen waren an der Tagesordnung.

Die uniformierten Bobbys bekamen bald Verstärkung in Zivil. Die Detektiv-Abteilung der Metropolitan Police erwarb rasch den Ruf, jeden Fall lösen zu können. An ihre Grenzen stießen die Ermittler jedoch im Fall des "Mörders von Whitechapel", besser bekannt als "Jack the Ripper". Im Herbst 1888 hatte er in den Rotlichtvierteln Ost-Londons wenigstens fünf Frauen bestialisch ermordet. Im "Berliner Tageblatt" wurde die Londoner Polizei scharf kritisiert:

"Es gab eine Zeit, in welcher die Londoner Polizei mit Recht als die beste der Welt galt. Neuerdings ist dem nicht mehr so. Jetzt ist in Folge der grausigen, geheimnisvollen Frauenmorde plötzlich eine Krise in der Londoner Polizeiverwaltung eingetreten."

Die Aufklärungsmethoden waren nicht sehr entwickelt. Selbst an Briefen, die ein Absender mit "Jack the Ripper" unterzeichnete, konnten keine Hinweise entdeckt werden. Bis heute ist die Identität des Täters ungeklärt. Der damalige Chef der Metropolitan Police, Sir Charles Warren, klagte: "Wir müssen zugeben, dass die Stärke der hauptstädtischen Schutzmannschaft ungenügend ist."

Die gegenwärtige Politik der Metropolitan Police ist bestimmt von der Parole "Working together for a safer London" – "Lasst uns London gemeinsam sicherer machen". Zu diesem Zweck sind überall in der Stadt Überwachungskameras angebracht. Detective Constable Alan Townsend vom Raubdezernat:

" "Well, it's Closed Circuit Television and it's a system that can be put in with two or three cameras or forty, fifty, sixty cameras.”"

Mit diesen Videoüberwachungsanlagen kann flächendeckend jeder Winkel der großen Stadt beobachtet werden. Auf der Website der Londoner Polizei sind mutmaßliche Straftäter zu sehen, die bei Raub, Diebstahl und sexueller Belästigung gefilmt wurden.

Der Metropolitan Police Service beschäftigt heute über dreißigtausend Beamte, die auf viele Sonderdezernate verteilt sind. Die Bevölkerung der Metropole ist auf fast siebeneinhalb Millionen Menschen angewachsen und die Sicherheitslage hat sich nach den Terroranschlägen von 2005 drastisch verändert. Spezialeinheiten mit Maschinenpistolen, Kevlar-Helmen und Panzerwesten sind im Stadtbild keine Seltenheit mehr. Die Vorstellung des freundlichen Bobby mit seinem altmodischen Helm scheint da längst passé.