Deutsch-israelische Militärkooperation

Munition, Zünder und Panzerteile

Ein Soldat steht auf einem Panzer, am Himmel viele Wolken.
Ein israelischer Soldat auf einem Merkava-Panzer auf den Golanhöhen © dpa
Von Peter Marx · 12.05.2015
Die Bundeswehr verfügte frühzeitig über Kontakte zur israelischen Armee. Die Verbindung wurde in den 50er- und 60er-Jahre so eng wie zu wenigen anderen Staaten. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Langsam fahren die israelischen Panzer über einen staubigen Feldweg im Schutze eines Hügels voll mit Olivenbäumen. Alle Luken der Panzer sind geschlossen, die Kanonen mittig arretiert. Die Merkava-Panzer walzen Sträucher und Büsche nieder, nähern sich den Ausläufern einer Stadt. Bilder aus dem Gaza-Krieg im vergangenen Jahr, als die israelische Armee gegen die Terrororganisation Hamas Krieg führte. Ein Kampf in urbanem Gelände, heißt das in der Militärsprache. Und genau darin sind die israelischen Soldaten sehr gut. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen sind es, was die deutschen Heeresgeneräle vor allem interessiert. Und noch einiges mehr, sagt Generalmajor Reinhardt Zudrop vom Heereskommando in Straußberg.
"Es gibt allgemeingültige militärische Grundsätze und es gibt Vorgehensweisen egal wo man sie herbeizieht die für die eigene Ausbildung relevant sind. Wir haben zum Beispiel das Interesse eigene Taktik, eigene Vorgehensweisen auch unter klimatischen Bedingungen zu testen die wir in Deutschland nicht haben. Da bietet sich natürlich auch für das Wüstenklima Israel an um eigene Ausrüstung dort zu testen, um eigene Vorgehensweisen zu testen."
Kontakte zur israelischen Armee
Ähnlich wie die Marine verfügte die deutsche Heeresführung frühzeitig über Kontakte zur israelischen Armee. Die Verbindung wurde in den 50er- und 60er-Jahre so eng, wie höchstens noch zu ein paar europäischen Staaten und zu Amerika. Daran hat sich bis heute nichts geändert, sagt Arye Shalicar, Sprecher der israelischen Armee:
"Generell lässt sich definitiv sagen, dass die Zusammenarbeit von deutscher Armee und israelischer Armee sehr gut ist. Wir arbeiten sehr eng mit der Nato und in dem Sinne ist Deutschland auch ein Partnerstaat genauso wie die Amerikaner, Franzosen, Briten. Wo man gemeinsame Sachen macht in sehr vielen Angelegenheiten, die zu tun haben mit Sicherheit, mit Abwehr, auch im Technologiebereich. Und in dem Sinne ist die Zusammenarbeit sehr gut."
Israel bekam, was Israel brauchte
Die zunächst inoffiziellen Verbindungen benutzte ebenfalls die deutsche Rüstungsindustrie. Der Grund: Israel Verteidigungsarmee und die Bundeswehr waren damals im Aufbau und benötigten das gleiche Militärgerät: Lastwagen, Kanonen, Panzer, Raketen etc. Und noch einen weiteren Vorteil konnte die Rüstungsindustrie bei ihren Geschäften mit Israel voll ausschöpfen: Es gab keine gesetzlichen Ausfuhr-Beschränkungen. Israel bekam, was Israel brauchte, und das galt schon lange bevor Ex-Kanzler Gerhard Schröder es zur Maxime der deutsch-israelischen Militär-Zusammenarbeit machte. Beispielsweise als Israel entschied einen eigenen Panzer zu entwickeln. Ihr neuestes Modell, den Merkava IV, nennen nicht nur Spötter, den kleinen Bruder des deutschen Panzers Leopard 2. Maschine, Getriebe, Stabilisatoren-System und Glattrohrkanone: alles aus deutschen Waffenschmieden.
Kampfpanzer vom Typ Leopard 2.
Kampfpanzer vom Typ Leopard 2.© Natascha Sadr Haghighian
"Wir haben regelmäßige Gespräche auf hoher Ebene. Ich selbst war Anfang März noch in Israel zu den deutsch-israelischen Heeres-Generalstabsgesprächen. Und dabei haben wir natürlich auch die Schwerpunkte der Zusammenarbeit festgelegt. Das heißt konkret: Wir haben eine enge Zusammenarbeit in der gegenseitigen Unterrichtung und Information. Wir haben eine sehr enge Zusammenarbeit mit Blick auf Austausche von Soldaten jeder Führungsebene. Wir haben eine besonders enge Zusammenarbeit im Rahmen der gegenseitigen Ausbildung und Unterstützung. Und natürlich informieren wir uns über unsere jeweiligen Einsatz-Erfahrungen."
Sagt Generalmajor Zudrop, der wie alle nicht gerne über die Geschäfte der deutschen Waffenindustrie sprechen mag. Dann lieber über die eigenen Austauschprogramme für junge deutsche und israelische Offiziere.
Kampfdrohnen aus Israel
Ein Blick auf die deutsche Waffenexport-Statistik zeigt, dass Israel gegenwärtig zu den wichtigsten Empfängerländern von deutschem Militärgerät zählt. Dabei wird die Milliarden-Euro-Grenze regelmäßig überschritten. Doch es war und ist keine Einbahnstraße. Auch israelische Rüstungsunternehmen kamen bei der Bundeswehr zum Zuge. Aktuell prüft die Luftwaffe, ob sie Kampfdrohnen aus Israel anschaffen will.
Die Militärgeschäfte mit Israel sind zwar nicht mehr geheim, aber darüber reden will kaum jemand. Und wenn? Dann ist alles positiv, alles gut, im besten Einvernehmen. Kein Gesprächspartner will den Fehler machen und die Deutsch-Israelische Militärkooperation beschädigen, die beiden Seiten so sehr nützt. Da ist auch die Geschichte, die beide Länder verbindet, eher hinderlich und wird deshalb weggedrückt. Jedenfalls kommt es einem so vor, wenn man General Zudrop vom Heereskommando und Fregattenkapitän Pepe Prahl von der deutschen Marine genau zuhört:
"Für mich war es jetzt im März das zweite Mal, dass ich in Israel war und ich muss sagen: Ich war zum zweiten Mal überrascht, mit welcher großer Offenheit, mit welch großer Normalität uns unsere israelischen Kameraden begegnet sind. Und für diesen Besuch spielte die Historie überhaupt keine Rolle. Ich glaube nicht, dass es auf der militärischen Seite noch eine Rolle spielt. Aber Militär arbeitet nicht nur zwischen Israel und Deutschland auf einem sehr professionellen Grad und da wären Befindlichkeiten einfach nicht hinnehmbar. Es ist überhaupt kein Thema."
Boykott dauerte nur wenige Tage
Genauso wenig wie eine öffentliche Diskussion über die Militärdeals. Nach jedem Krieg gegen die Hamas tauchen Fragen zu den Waffen-Geschäften der beiden Länder auf. Allerdings: bis auf Rudolph Scharping hat sich noch kein deutscher Minister getraut einen Lieferboykott gegen Israel zu verhängen. Der Boykott dauerte jedoch nur wenige Tage, dann bremste der damalige Kanzler Gerhard Schröder seinen Verteidigungsminister aus und die Lieferungen von Munition, Zündern und Panzerteilen gingen weiter. Bis heute!
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