Der Tor des Monats

Schäuble befreit Sportevent von der Steuer

Wolfgang Schäuble, Porträt, sprechend und mit einer Hand gestikulierend, vor einer weißen Wand mit der Aufschrift "Stabilitätsrat".
Der Finanzminister Wolfgang Schäuble © dpa/picture alliance/Wolfgang Kumm
Von Florian Felix Weyh · 27.09.2015
Mit merkwürdigen Entscheidungen haben einige Herren die Sportwelt irritiert: Finanzminister Wolfgang Schäuble will den Ryder Cup 2022 von Steuern befreien und Schiedsrichter Knut Kircher verpfeift ein Spiel des FC Bayern. Wer aber ist der Tor des Monats?
Hier die Nominiertenliste des Monats September.
Tor Nummer 1: Knut Kircher, Schiedsrichter.
Grund der Nominierung:
In München, eins, für Bayern, zwei, im Lokalderby gegen Augsburg, drei, in der 90. Minute, vier, einen Elfmeter zu geben, geht gar nicht. Haben Sie mitgezählt? Das waren vier Torheiten auf einmal. Dabei noch einem blinden Linienrichter zu vertrauen, der ein Delikt sah, das gar nicht stattgefunden hat, erhöht die Torheit um eine weitere Stufe. Natürlich entschied der Elfmeter das Spiel für Bayern.
Tor Nummer 2.: die kanadische Stadt Toronto.
John Tory, Bürgermeister von Toronto: "I love this city and I want nothing more than to show the rest of the world our spirit, our people, our strength, our values, the way we live together. These are important things to me. And I believe that one day Toronto will be a great vanue for the Olympic Games, but not in 2024.
Grund der Nominierung:
Rückzug aus der Bewerbung für die olympischen Sommerspiele 2024. Wer tut denn so was?
Tor Nummer drei:
Heidi Hetzer, deutsches Rallye-Urgestein auf Weltreise mit einem Oldtimer.
Heidi Hetzer: "Ich hab unterm Auto gestanden, das Auto war auf der Hebebühne, und ich wollte einfach Öltropfen entfernen, wegmachen und gucken: Wo kommt denn das Öl immer wieder her?"
Grund der Nominierung:
Altersuntypische proaktive Verwendung von Sozialen Medien. Nachdem sie einen schweren Unfall mit zwei blutig zerfleischten Fingern hatte, postete Heidi Hetzer das entsprechend drastische Foto im Netz. Beruht aber Heldenverehrung im Sport nicht auf unversehrten Körpern?
Tor Nummer 4:
Das Bundesfinanzministerium unter Wolfgang Schäuble.
Grund der Nominierung:
Die Zusage einer Steuerbefreiung für den Ryder Cup 2022, sollte die brandenburgische Kleinstadt Bad Saarow tatsächlich den Zuschlag für das größte Golfturnier der Welt erhalten.
Tor Nummer 5:
Klaus Böger, Präsident des Landessportbundes Berlin und ehemaliger Bildungssenator.
Grund der Nominierung:
Die öffentliche Aussage, dass die von ihm eingestandene ideale Eignung von Turnhallen als Notunterkünfte "nicht entscheidendes Kriterium sein" dürfe. Ja welches denn dann?
And the winner is ...
Nicht der Letztgenannte, denn seine Worte sind weniger töricht als eigennützig.
And the winner is ...
Moment! Gewinner ist nicht der Schiedsrichter Knut Kircher. Er gestand seinen Fehler nach dem Spiel ein. Das wiederum könnte jetzt als Torheit gelten, denn im Absolutismus – der Schiedsrichter ist der letzte Erbe dieser mittelalterlichen Machtausprägung –, im Absolutismus gibt es keine Fehler.
And the Winner is...
auch nicht Heidi Hetzer. Sicherlich wird der Anblick ihrer Hand in Zukunft keine Freude sein, bemerkt die Tochter stellvertretend lakonisch auf Heidis Blog. Wenn man aber in einer Altersklasse unterwegs ist, in der die prägenden Helden der Kindheit mit Blut, Schweiß und Tränen kämpften, dann passt das irgendwie alles zusammen.
And the Winner is...
nicht die Stadt Toronto unter ihrem Bürgermeister John Tory, obwohl der Tor zwei Mal in ihrem Namen eingeschrieben ist. nein, was Sportfunktionäre als Torheit empfinden mögen, sehen immer mehr Bürger weltweit als das schiere Gegenteil an: die Weisheit, sich nicht ans IOC zu verkaufen.
And the Winner is...
aus genau diesem Grund das Bundesfinanzministerium. Die unheilvolle und fürs Gemeinwesen stets defizitär ausgehende Bilanz zwischen sportlichen Geschäftemachern und dem Staat sollte endlich beendet werden. Wenn Großereignisse Steuerbefreiungen brauchen, um konkurrenzfähig zu sein, dann gehören sie in die Insolvenz geschickt. Die Jury gratuliert zum Titel "Der Tor des Monats" und schlägt Wolfgang Schäuble ein Treffen mit dem Bürgermeister von Toronto vor. Vielleicht wird aus dem Christdemokraten dann doch ein waschechter Tory.
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