Demokratieforscher über junge Nicht-Wähler

"Bei Facebook war keiner für Brexit"

Proteste in London vor dem Houses of Parliament
Die Beteiligung am Referendum sei unter jungen Leuten dort am höchsten gewesen, wo es viele Studenten gibt, sagt Wolfgang Gründinger. Unter schlecht gebildeten Jugendlichen lag sie dagegen nur bei etwa 30 Prozent. © dpa, picture-alliance, EPA Facundo Arrizabalaga
Wolfgang Gründinger im Gespräch mit Anke Schäfer und Christopher Ricke · 27.06.2016
Junge Briten haben mehrheitlich gegen den Brexit gestimmt, doch insgesamt sind nur wenige zur Wahl gegangen. Warum viele einen Sieg des "Leave"-Lagers für völlig unrealistisch hielten, erklärt der Demokratieforscher Wolfgang Gründinger.
Junge Menschen heute würden nicht im Krieg und mit Trümmern aufwachsen, sagt der Sprecher der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen. Deshalb zähle bei ihnen der alte Mythos - "Wir haben Europa gegründet, um den Frieden zwischen Deutschland und Frankreich zu sichern" - nicht mehr. "Für uns ist Europa selbstverständlich", sagt Wolfgang Gründinger, selbst Jahrgang 1984:
"Es gibt einfach keinen in unserer Facebook-Timeline, der für den Brexit war. Wenn wir glauben durch unsere Filterblase, dass es ohnehin so unwahrscheinlich ist, dass der Brexit kommt, dann geht auch keiner hin, weil man glaubt, die Wahl ist ohnehin nur ein formeller Akt."
Es dürfe künftig nicht mehr nur den üblichen "Hashtag-Aktivismus" geben, findet Gründinger Viele hätten gedacht, es reiche, beim Facebook-Profil Bilder hochzuladen wie "Love You UK" oder "Stay With Us" und einige Petitionen zu unterschreiben. "Ich glaube, das ist jetzt ein Moment, wo auch die junge Generation merkt: Wir müssen uns besser organisieren."
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