Das Ende der Mehrfachnamen-Kultur westdeutscher Provenienz

Von Gerd Brendel · 05.05.2009
Seit 1993 sind im deutschen Namensrechts höchstens Doppelnamen zulässig, Dreifachnamen also nicht und das bleibt auch so. Folgende Namen wird es also auch weiterhin nicht geben ...
Wie zum Beispiel Sabine Leutheuser-Schnarrenberger-Nida-Rümelin, vorausgesetzt die FDP-Politikerin entdeckte ihr Herz für den ehemaligen Kulturstaatsminister, oder wie Jenny Elvers-Elbertshagen-Nida-Rümelin- Mayer-Vorfelder, für den gleichermaßen unwahrscheinlichen Fall einer anschließenden dritten legalisierten Beziehung zwischen dem Sport-Funktionär und der strohblonden Schauspielerin, oder Jenny Elvers-Elbertshagen-Nida-Rümelin-Mayer-Vorfelder-Schäfer-Gümpel, oder Elvers-Elbertshagen-Mayer-Vorfelder-Schäfer-Gümpel- Müller-Lüdenscheidt.

Das ist bedauerlich für alle Freunde von Namens-Witzen und natürlich bedeutet das Gerichtsurteil auch einen Verlust politischer Kultur der alten West-Republik, denn jahrelang galt der Doppel-Name als Erweis emanzipierter Gesinnung. Der Mehrfach-Name war das hocherhobene Schild einer Utopie: Seht her, signalisierten die Doppelnamen-Träger: Ich lebe nicht nur die gelungene Verbindung von individueller Selbstbestimmung und trauter Zweisamkeit, ich heiße auch so. Mit dem Gerichtsbeschluss ist aber auch allen Verfechterinnen serieller Monogamie endgültig die Möglichkeit verwehrt, mit dem Nachnamen die eigene ruhmreiche Beziehungs-Vergangenheit zu präsentieren.

Die Nestorin westdeutscher Meinungsforschung zum Beispiel hätte vor Gericht keine Chance: Elisabeth Noelle-Neumann-Maier-Leibnitz, hieß zeitweise tatsächlich so, weil sie zweimal verheiratet war und weiterhin auf ihrem Geburtsnamen bestand.

Ihre heutigen Kollegen belegen übrigens, dass das Gerichtsurteil durchaus dem Zeitgeist entspricht: Seit Jahren sinken die Umfragewerte für Mehrfach-Nachnamen. Statt für Emanzipation steht der angehängte Partner im Namen längst für kleinkarierte Erbsenzählerei - so langweilig wie Mülltrennen und Uni-Sex Mode.

Aber es gibt Trost für alle, die fest daran glauben, dass unsere Namen vor allem dazu dienen, die eigene Kreativität unter Beweis zu stellen: zumindest für alle Eltern, die haben nämlich schon seit geraumer Weile die Vornamen ihrer Kinder als prestigeträchtiges Persönlichkeitsmerkmal entdeckt: Drei und vier Namen sind in Kindergärten und auf Spielplätzen längst keine Seltenheit mehr: Beliebt sind Kombinationen altdeutscher Provenienz mit New-Age-Formeln oder Yogastellungen: Anna-Paula-Sonnengruß-Ramadevi zum Beispiel. Namen sind eben mehr als Schall und Rauch. Und das wird auch das letzte Gerichtsurteil nicht ändern
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