Burkini-Erfinderin Aheda Zanetti

"Der Burkini ist politisiert worden"

Die Designerin und Burkini-Erfinderin Aheda Zanetti, links, spricht mit Kundinnen in in ihrer Boutique in Sydney.
Die Designerin und Burkini-Erfinderin Aheda Zanetti, links, spricht mit Kundinnen in in ihrer Boutique in Sydney. © picture alliance / dpa / Subel Bhandari
Von Andreas Stummer · 28.08.2016
Zwölf Jahre ist es her - da erfand die australische Designerin Aheda Zanetti den Ganzkörperbadeanzug Burkini. Trotz heißer politischer Debatte um das Kleidungsstück verkaufe sich der Burkini heute besser denn je, meint sie. Unser Reporter traf Zanetti in ihrer Boutique in Sydney.
Punchbowl im Westen von Sydney, "Klein-Libanon" für die vielen arabisch-stämmigen Anwohner. Hier, in der Ahiida-Boutique, hat die in Beirut geborene australische Modemacherin Aheda Zanetti vor zwölf Jahren den Burkini kreiert und seitdem mehr als 700.000 der Ganzkörper-Schwimmanzüge für muslimische Frauen in alle Welt verkauft. Aber nie war der das Tragen des Burkini so umstritten wie heute.
"Ich habe den Badeanzug designt, um Integration zu erleichtern, um verschiedene Kulturen einander näher zu bringen", meint Aheda Zanetti, "seitdem können sich muslimische Frauen bescheiden kleiden und trotzdem schwimmen gehen. Doch all das Positive haben die Burkini-Verbote in den Schmutz gezogen."

"Frauenverachtende Ansichten des extremen Islam"

Was die Burkini-Designerin als Befreiung der muslimischen Frau feiert verurteilen australische Frauenrechtler als Provokation. Der verhüllende Badeanzug rechtfertige ein archaisches Frauenbild: die männlich gesteuerte Kontrolle des weiblichen Körpers. Der Burkini sei ein – nur bunteres – Symbol der Unterdrückung, vor allem wenn am Strand hinter einer Muslimin im Burkini ihr Mann nur T-Shirt und eine knappe Badehose trage.
Muslimische Frauen müssen sich bedeckt halten, wenn sie von Männern als ihr Eigentum angesehen werden, sagt der Islamforscher Tim O’Shea, "diese Frauen haben auch im Burkini weder individuelle Rechte noch Freiheiten. Diese Überzeugung ist konform mit den oft frauenverachtenden Ansichten des extremen Islam."
"Der Burkini ist politisiert worden", protestiert Designerin Aheda Zanetti, das sei unfair. Schließlich ginge es nur um ein Badekostüm, um Sonne, Wellen, Freizeit und Familie. Für Daniel Nalliah von der islamkritischen Partei "Rise Up" aber geht es um viel mehr. Australien sei säkular. Viele sähen Burka, Niqab und auch den Burkini als sichtbares Zeichen einer zunehmenden Islamisierung des Landes, als das Ablehnen westlicher Werte im aufgeklärten 21. Jahrhundert.
Daniel Nalliah: "Wir müssen mit diesem Problem konfrontieren und dürfen uns nicht einschüchtern lassen. In unserer Gesellschaft steht die Frau auf einer Stufe mit dem Mann. Wenn sich muslimische Frauen züchtig kleiden, dann heißt das nicht, dass unsere Frauen unzüchtig und unmoralisch sind. Muslime können an unserer Freiheit teilhaben aber sie nicht ihren Frauen verweigern. Australien ist tolerant, aber wir sollten nicht unsere eigene Kultur opfern sondern sagen: Bis hierher und nicht weiter."

Auch schlechte PR ist gut fürs Geschäft

Idealer Sonnenschutz, formenverbergendes Glaubenssymbol, freiwillige oder erzwungene Erniedrigung oder der Stoff, aus dem die muslimische Emanzipation ist: Der Burkini ist längst nicht mehr einfach nur ein Kleidungsstück.
Aheda Zanetti lacht darüber auf dem Weg zur Bank. Denn für die australische Erfinderin des Burkinis ist auch schlechte PR gut fürs Geschäft:
"Wir verkaufen Burkinis wie noch nie. Je öfter sie irgendwo verboten oder abgelehnt werden, desto größer ist die Nachfrage. Frauen wollen den Burkini tragen, weil er ihnen einen Lebensstil erlaubt, den sie vorher nicht hatten."
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