Brexit

England hat jetzt 20.833 Probleme

Weg von der EU ist jetzt der einzige englische Weg: Einbahnstraßenschild steht am 10.3.2017 am Europahaus am Smith Square in London vor einer Europaflagge und einem Union Jack dahinter.
Weg von der EU: Einbahnstraßenschild am Europahaus, Smith Square in London. Zu sehen ist die Europaflagge und ein Union Jack dahinter. © dpa / picture alliance / Yui Mok
Von Arno Orzessek · 29.03.2017
Die britische Premierministerin May den Scheidungsantrag eingereicht, die Brexit-Freunde dürfen jubeln. Den Ärger haben jetzt die Juristen, die in 500 Tagen eine Menge EU-Gesetze und -Regeln aufdröseln müssen.
Mit Zahlen ist es ja so: Ob sie uns groß oder klein vorkommen, hängt davon ab, was gezählt wird. Hätte zum Beispiel Griechenland 20.833 Euro Schulden, wäre das eine niedliche Zahl mit Peanuts-Charme und Wolfgang Schäuble ein glücklicher Mann.
Wenn aber wegen des Brexits 20.833 Gesetze und Regeln aufzudröseln sind, fühlt sich dieselbe Zahl schon erwachsener an. Was wiederum mit der Mini-Zahl von 500 Tagen zu tun hat, die zum Aufdröseln bleiben.
Klar! Brüssel und Briten arbeiten seit jeher effizienter zusammen als, sagen wir, die Leute auf dem mysteriösen Airport nahe Berlin. Sonst hätten sie nie stolze 20.833 von diesen Dingsbums erfunden. Trotzdem sollte unser Optimismus, dass alles glatt läuft, nicht unreflektiert überborden.
Denn die berühmte Effizienz der EU betrifft bisher ausschließlich die Vermehrung - ihrer selbst, ihrer Regeln, ihrer hehren Absichten und... pssst, nicht weitersagen, schon gar nicht an fiese EU-Basher wie Marine Le Pen und Ex-Efendi Erdogan... auch ihres Versagens.
Plötzlich die Verminderung um ein komplettes Land samt 20.833 buchstäblichen Einzelteilen gemeinsam mit dem Verdünnisierer genauso seriös zu gestalten wie vorher die Vermehrung: Puh, das ist für die Union echt Neuland! Ein weißer Fleck auf der Landkarte... Wie damals Neuengland für die Engländer auf der "Mayflower".

40 Fälle pro Tag müssen gelöst werden

Die wichtigste Insulanerin juckt das derweil überhaupt nicht. "Brexit means Brexit" - auf Deutsch: Brexit meint Brexit – meinte Theresa May auch noch, als der bürokratische Problemberg, dieser beängstigende 20tausender, bereits sichtbar war.
Was nur bedeuten kann, dass die britische Premierministerin als gläubiges Mitglied der Kirche von England auf das Jesus-Wort aus Matthäus vertraut: "Denn wahrlich ich sage euch: So ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so mögt ihr sagen zu diesem Berge: Hebe dich von hinnen dorthin! so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein."
Offenbar findet May das Verhältnis von 500 Tagen zu 20.833 Problemen so ähnlich wie das Verhältnis von Senfkorn zu Berg... Und glaubt folglich, dass die Probleme sich locker von hinnen heben.
Nicht orientiert haben dürfte sich die gläubige Theresa am Heiden Alexander dem Großen, dem antiken Schlauberger, der den gordischen Knoten nicht aufzudröseln versuchte, sondern, zack, einfach durchschlug. Hätte Alexander nämlich 20.833 mal zuschlagen müssen – schlapp gemacht hätte der!
Ob so oder so: Der Begriff 'Brexit' selbst sagt eigentlich schon alles. Klar, er verbindet 'Britannien' und 'Exit' – aber doch genauso 'Brechen' und 'Exit'! Und darin liegt das Prophetische.
Es gibt nun 20.833 Gründe zum Erbrechen. Jede Wette, es wird noch so einigen kotzübel!
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