Boxen

Ein grelles Porträt voller Leidenschaft

Eine Szene aus dem Kampf um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht zwischen George Foreman (l) und Muhammad Ali am 1. Oktober 1975 in Manila.
Kampf der Giganten: George Foreman und Muhammad Ali © dpa / picture alliance
Von Thomas Jaedicke · 30.10.2014
George Foreman und Muhammad Ali: Ihr Boxkampf in Kinshasa Mitte der 70er-Jahre gilt bis heute als ein Kampf der Giganten. Er verzögerte sich allerdings mehrere Wochen. In dieser Zeit entstand die Reportage des amerikanischen Journalisten Bill Cardoso, der ebenfalls in Kinshasa ausharrte, bis er endlich über den Kampf berichten konnte. Entstanden ist ein vor Irrsinn dampfender Text.
Eigentlich müssten doch vierzig Jahre nach dem legendären "Rumble in the Jungle" längst alle Geschichten zu diesem Gipfeltreffen zweier schwarzer Boxgroßmeister erzählt sein. Was den Kampf selbst betrifft - dieses Gipfeltreffen zweier schwarzer Boxgroßmeister, die gegensätzlicher nicht hätten sein können: Alis leuchtender Witz gegen Foremans düstere Wucht - mag das stimmen. Aber der Hintergrund dieses Großevents schwarzer Popkultur, der ist immer noch nicht ganz ausgeleuchtet.
Um Haaresbreite wäre das wahrscheinlich auch so geblieben, hätte nicht der Verleger Klaus Bittermann ein unveröffentlichtes Manuskript von Bill Cardosos ausgegraben: "Rummel im Dschungel" ist ist eine detaillierte, ständig hin und her springende, stellenweise vor Irrsinn dampfende Reportage über die Zustände in Zaires Hauptstadt Kinshasa, wo der Kampf damals stattfand. 15 Jahre nachdem die belgischen Kolonialherren das Land verlassen hatten, zog der vorzugsweise mit Leopardenfellkäppi auftretende, blutrünstige Diktator Mobuto, den Cardoso als "schwarzen Hitler Afrikas" bezeichnet, den WM-Titelkampf für viel Geld an Land. Die ganze Welt blickte nach Zaire.
Abgelehnt als "blödes Geschwafel"
Weil sich George Foreman beim Sparring verletzte, musste der Termin zunächst um Wochen verschoben werden. So hingen die Reporter, die Künstler – zum Beispiel James Brown und B.B. King -, die fürs Rahmenprogramm verpflichtet worden waren und der ganze Boxzirkus über einen Monat lang in Zaire fest. Bill Cardoso, der für das Magazin New Times berichten soll, hat nun für seine Geschichte viel mehr Zeit, als er verkraften kann. Vollgepumpt mit Alkohol und anderen Drogen steigert er sich im schwülen Kinshasa, wo sich die Willkür der offiziellen Stellen und afrikanischer Voodoo-Kult verhängnisvoll mischen, in eine veritable Paranoia hinein. Cardoso ist überzeugt, dem "schwarzen, faschistischen Polizeistaat" nicht mehr entrinnen zu können.
Der Chefredakteur der New Times lehnte Bill Cardosos Reportage als "blödes Geschwafel" ab. Sicher, die Geschichte ist stellenweise ziemlich wirr; kribbelig-nervöse Prosa. Aber "Rummel im Dschungel" ist auch ein lebendiges, grelles Porträt voller kruder Bilder und Leidenschaft, das bei allem Wahnsinn auch sehr viel Spaß macht. Vielleicht war ein sperriger, komplizierter Mann wie Bill Cardoso genau der richtige, um den ganz speziellen Charme Kinshasas zu Zeiten des durchgeknallten Mobuto-Reichs überhaupt aushalten und so genau einfangen zu können.

Bill Cardoso: Rummel im Dschungel – Eine Reportage aus Kinshasa
Edition Tiamat, Berlin 2014
110 Seiten, 12,00 Euro

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