Behördenleistungen im Business-Look

Wie Hamburg um qualifizierte ausländische Fachkräfte wirbt

Welcome Center am Hamburger Rathaus
Welcome Center am Hamburger Rathaus © Imago / Markus Tischler
Von Axel Schröder · 23.02.2015
Die Hansestadt buhlt um ausländische Fach- und Führungskräfte. So wird im "Hamburg Welcome Center" unter anderem ein spezieller Behördenservice angeboten - auch bei der Wohnungssuche gibt es Unterstützung.
Der Weg ins Hamburg Welcome Center führt natürlich über einen roten Teppich. Einen roten Polyester-Teppich. Aber immerhin. Die Neuankömmlinge dürfen staunen über die Räumlichkeiten, die zentral gelegen im prächtigen Gebäude der Hamburger Handelskammer untergebracht sind. Sechs Meter hohe Decken, weißgetünchte klassizistische Rundbögen, weichgepolsterte Sessel in der Wartezone. Geleitet wird das Welcome Center von Birte Steller:
"Ich habe mir dazu den Spruch angewöhnt: Das Hamburg Welcome Center bietet Behördenleistungen im Business-Gewand. Wenn sie hier reinkommen, haben sie eher das Gefühl, sie kommen vielleicht in eine Bank und wollen ein Finanzgeschäft machen. Es sieht hier einfach ein bisschen herrschaftlich aus."
Und der Kundschaft – kein Wunder - gefällt diese erste Anlaufstelle, erzählt Birte Steller. Die Mitarbeiter sind behilflich bei Ummeldungen, bei der Beschaffung von Aufenthaltstiteln, neuerdings auch für die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüssen. Von den exquisiten Serviceleistungen profitieren allerdings nicht alle Neuankömmlinge:
"Unsere Serviceangebote, die wir hier haben sind – das haben sie völlig richtig verstanden – auch aufenthaltsrechtlich – auf eine Klientel zugeschnitten, die regelmäßig qualifiziert ist. Und in die Hamburger Arbeitswelt meistens nahtlos eintaucht. Alle Menschen bekommen aber ein Willkommenspaket in dem Sinne, dass wir weiter verweisen, wo praktisch für jede Person die richtige Anlaufstelle ist."
Für Erzieher und Lehrer ist der Service kostenlos
Und manchmal ist das eben nicht das Welcome Center, sondern möglicherweise die wenig feudale Ausländerbehörde der Hansestadt an der Amsinckstraße, einer lauten, tristen Ausfallstraße Richtung Autobahn. Aber natürlich vermittelt das Welcome Center auch ungelernten Flüchtlingen kompetente Ansprechpartner für die Jobsuche. Und auch mittellosen Flüchtlingen mit Berufsausbildung wird im prächtigen Ambiente geholfen, wenn es um die Anerkennung ihrer Abschlüsse geht. Zuständig für diese Fälle ist Seyhan Dülger. Je nach erlerntem Beruf, erzählt sie, variieren die Kosten für die Anerkennung der Zertifikate: Für nach Hamburg einwandernde Erzieher und Lehrer ist der Service kostenlos, Ingenieure zahlen 250, Ärzte sogar 850 Euro.
"Damit die Person diese Kosten nicht selbst übernehmen müssen – meistens sind sie auch nicht in der Lage, weil sie arbeitslos sind, haben wir ein Stipendien-Programm. Die Stadt Hamburg hat ein großes Interesse an der Anerkennung der Berufsabschlüsse und finanziert die im Rahmen der Anerkennung entstehenden Kosten."
Und dieses Stipendium deckt nicht nur die Antragskosten, sondern sichert auch den Lebensunterhalt der Stipendiaten. 36 Monate lang können sie an Anpassungsmaßnahmen teilnehmen und müssen danach nur die Hälfte der Fördersumme zurückzahlen. Birte Steller, die Leiterin des Hamburg Welcome Centers betont, wie wichtig der Beruf für ein Ankommen, für die Integration der Neubürger ist:
"Da ist ein ganz wesentlicher Baustein, um die Möglichkeit der Teilhabe für Menschen, die neu nach Hamburg kommen, zu eröffnen. Aber – auch ganz pragmatisch – um Hamburgs Wirtschaft zu stärken. Denn wir brauchen diese Personen als Fachkraftpotential."
Den ganzen Menschen betrachten
Festgeschrieben ist diese Werbung um Neubürger in der 2013 verabschiedeten "Fachkräftestrategie" der Hansestadt. So kooperiert das Welcome Center mit der Handels- und Handwerkskammer der Stadt, bringt Betriebe und ausländische Bewerber zusammen. Immer mit ganzheitlichem Blick, erklärt Birte Steller:
"Wir sollten Menschen, die neu kommen, sozusagen nicht nur als Verwendungspotential begreifen – wir brauchen diese Arbeitskraft und dann soll sie hier arbeiten – also ein bisschen diesen Ansatz aus den 50er Jahren noch mal schlecht wiederholen. Sondern sagen: Da kommen Menschen neu. Und da kommt ein ganzer Mensch. Und wir können ganz froh sein, dass er sich für Hamburg entschieden hat. Und wir sollten ihn als ganzen Menschen auch ankommen lassen und Angebote anbieten."
Birte Stellers Team fragt also nicht nur nach Qualifikationen, sondern auch nach den persönlichen Hobbys und Interessen. Und vermittelt Kontakte zu den unterschiedlichen Einwanderer-Communities. – An einem runden Glastisch beugt sich der US-Amerikaner James Heggenmuller über seine Formulare. Gerade hat ihm eine Beraterin in perfektem Englisch erklärt, worauf er zu achten hat, welche Angaben wo eingetragen werden müssen. In New Guernsey hat er als Banker gearbeitet, nach Deutschland kam er der Liebe wegen, startet eine neue Karriere als Englisch-Lehrer. Vom Welcome-Center ist er schwer beeindruckt:
"It’s beautiful, a beautiful place – Es ist wunderbar, ein wunderbarer Ort! Mit wunderbaren Kronleuchtern! Macht die Sache noch besser! Alles ist perfekt, alle sind freundlich. Und mein Deutsch ist zwar Ok, aber netter ist es, das Ganze auf Englisch zu machen. Also ich wüsste nicht, was ich mir hier noch wünschen würde… "
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