Behindertensport

Tischtennis für Blinde

Ein Mann spielt "Tischball"
Erfreut sich immer größerer Beliebtheit: "Tischball" © picture alliance / dpa
Von Franziska Rattei  · 16.11.2014
"Showdown" oder "Tischball" ist eine Art Tischtennis für blinde und sehbehinderte Spieler. Man bugsiert einen mit Stahlkugeln gefüllten, rasselnden Ball mit einem Handschuh und einer Art Paddel über die Tischplatte. Unsere Reporterin hat es ausprobiert.
"Andere Mannschaften müssen in Nebenräumen von irgendwelchen Kneipen immer Tisch abbauen, Tisch aufbauen, und die Möglichkeiten sind manchmal sehr beschränkt. Mit Hallen ist es schwierig und teuer, und daraufhin sind die Möglichkeiten hier eben auch gegeben, und das ist eigentlich immer recht nett hier, und ich hab nicht einen ganz so weiten Weg zum Training."
Heiner Schad im Partykeller seines Hauses. Eigentlich hat er ihn für kleine Feiern eingerichtet, aber seit ein paar Jahren ist der Raum am Mittwochabend für etwas ganz anderes reserviert.
Dann trainiert hier die Showdown-Gruppe der SfB, der Sportgemeinschaft für Behinderte Bremen e.V.
Während Schad neben der Showdown-Platte steht, trainieren zwei seiner Teamkollegen bereits. Schads sechzehnjährige Tochter Manou ist die Schiedsrichterin.
"Ja, also man spielt ja auf einem rechteckigen Tisch mit einer Bande, und für jedes Tor, das am Ende dieses Rechtecks sich befindet, da gibt es zwei Punkte. Und es gibt ganz viele einzelne Fehlerpunkte. Als ich das erste Mal diese Liste gesehen habe, habe ich echt so gedacht: nimmt das ein Ende? Es gibt halt sehr viele. Es gibt halt ein Mittelbrett in der Mitte, wo man drunter durchspielt, und wenn man dagegen schießt, dann ist das ein Fehler. Oder wenn man ihn halt aus dem Tisch rausspielt, dann ist das ein Fehler. Ja, da gibt's noch ganz viele andere, aber das ist halt schwierig zu erklären, wenn man das nicht sehen kann."
Die Skibrillen sind Pflicht
Aber genau darum geht es beim Showdown. Die Spieler sehen nicht. Alle tragen abgeklebte Skibrillen – das ist Vorschrift. Auch für diejenigen, die ohnehin blind oder stark sehbehindert sind - so wie Manous Vater Heiner Schad oder seine Teamkollegin Martina Reicksmann. Aber ganz ehrlich: wenn ich Showdown spiele, nützen mir auch offene Augen nicht viel. Der Ball rollt so schnell über die Platte, dass ich ihn auch sehend kaum erwische. Martina Reicksmann spielt quasi alleine.
"Sie gucken doch, oder? Dann machen Sie doch mal die Augen auf!"
"Ich denke, jetzt ist der Zeitpunkt für die Brille gekommen, weil..."
"Aber Sie kommen langsam rein, oder? Oder täuscht das?"
"Ich glaube, das täuscht. (Alle lachen.) Ich find, der ist so schnell. Also, der ist hier, aber dann ist er schon wieder weg."
"Setzen Sie einfach die Brille auf."
"Ich"
"Ok, also ich mach die Augen einfach zu. Obwohl: wenn ich sie aufmach, seh ich auch nichts."
Linke Hand darf die Platte nur bei der Angabe berühren
Und los geht's in die zweite Runde, diesmal unter "echten Bedingungen". Ich sehe schwarz. Meine rechte Hand steckt in einem gepolsterten Motorradhandschuh. Darin halte ich auch meinen Schläger – ein länglicher Spachtel aus Holz, 30 Zentimeter lang und siebeneinhalb breit. Die linke Hand darf die Platte nur bei der Angabe berühren. Mit meinem rechten Arm rudere ich wahllos über meine Hälfte der Platte, um ab und zu mal den Ball zu treffen – mehr "trial and error" als Taktik. Aber:
"Ich merk schon. Sie haben Ehrgeiz."
"Ich"
"Also, nochmal."
"Ich"
"Und los."
"Tor."
"Ich"
"Jaaaaaaaaaa! Mein Tor, mein erstes Tor!"
Meine Gegnerin, Martina Reicksmann, gönnt mir das Anfängerglück und würde mich am Liebsten gleich zum Weiterspielen gewinnen. Denn die Bremer Mannschaft sucht Spieler – gern auch sehende, weil die verloren gegangene Bälle schneller wiederfinden und besser erklären können, wie man Bälle anspielt. Allein mit räumlichem Vorstellungsvermögen ist das schon schwer zu erfassen.
"Und wenn wir jetzt so viel gesprochen haben über diesen Sport und die Hörer sich das doch nicht so richtig vorstellen können vielleicht - dann gebe ich nochmal den Tipp: am 22. November führen wir hier ein kleines Turnier durch; und zwar ist das die Qualifikationsrunde Nord, und man kann sich da qualifizieren für die Deutsche Meisterschaft. Das machen wir hier in Bremen, im Kegelzentrum an der Duckwitzstraße."
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