Aus den Feuilletons

Wenn Pistolen Literaturgeschichte schreiben

Jetzt versteigert: Der Revolver, mit dem Paul Verlaine aus enttäuschter Liebe auf seinen Ex-Geliebten Arthur Rimbaud schoss.
Jetzt versteigert: Der Revolver, mit dem Paul Verlaine aus enttäuschter Liebe auf seinen Ex-Geliebten Arthur Rimbaud schoss. © dpa / picture alliance / CHRISTIE'S AUCTION HOUSE
Von Gregor Sander · 01.12.2016
Für 434.500 Euro wurde der Revolver versteigert, mit dem der französische Dichter Paul Verlaine einst auf seinen Liebhaber Arthur Rimbaud schoss. Die "Welt" nimmt die Auktion zum Anlass für eine makabre Liste.
"Ist das neue Album nun wirklich zum Niederknien gut? Muss man die Stones im Blues-Kontinuum der Popgeschichte jetzt noch mal ganz neu verorten?"
fragt Jens-Christian Rabe von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG am Erscheinungstag der neuen Stones Platte und wir lassen erst mal Ueli Bernays von der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG antworten:
"Zum Abschluss des Jahres melden sich die Rolling Stones – ganz, als wäre nichts geschehen – damit zurück, womit sie vor 54 Jahren aufgebrochen sind: mit zwölf Blues-Songs, kernigen Klassikern; sie tönen schnörkellos, süffig und strotzen vor Kraft und der Schmiere englischer Landstrassen."

"Für ihr Alter eine gute Bluesband"

So kann man es wohl sehen - oder besser hören. Denn Jens-Christian Rabe beantwortet seine Frage in der SZ, ob man denn nun Niederknien muss vor diesem Album, ganz anders:
"Nein, nein, nein. Und wenn man "Blue & Lonesome" so hört, das übrigens in Mark Knopflers Studio in London in drei Tagen live aufgenommen und im Grunde nicht nachbearbeitet wurde, beschleicht einen die bittere Ahnung, dass das einhellige Lob der Platte eher die Folge ziemlich niedriger Erwartungen sein dürfte. So wie man beim Seniorentennis hie und da überrascht ist, wie behende die Kombattanten noch unterwegs sind. Für ihr Alter. Für ihr Alter sind die Stones hier also durchaus eine gute Bluesband."
Und als sei das nicht schon böse genug, bezeichnet er "Blue & Lonesome" abschließend als:
"Routiniert zusammengeschepperte Jugenderinnerungen."
Die Tageszeitung DIE WELT kümmert sich dagegen um
"Die Waffen der Poesie"

Die Schrotflinte, mit der sich Ernest Hemingway 1961 erschoss

Das ist nicht etwa metaphorisch gemeint, sondern im Wortsinne. Und das aus folgendem Anlass:
"In London wurde der Revolver, mit dem Verlaine auf Rimbaud schoss, versteigert. Anlass für eine makabre Liste legendärer Dichter-Waffen",
findet die WELT. Was wurde zum Beispiel aus der Knarre, mit der der 18-jährige Hans Fallada seinen Jugendfreund Hanns Dietrich von Necker erschoss.
"Das Tesching, eine Handfeuerwaffe kleinen Kalibers (bis 6,5 mm), ist verschollen, die Prozessakten und eine Kugel finden sich im Hans-Fallada-Museum in Carwitz."
Fast schon kultisch beseitigt wurde die zweiläufige Schrotflinte Monte Carlo B von W. & C. Scott & Son, mit der sich Ernest Hemingway 1961 selbst erschoss.
Die Waffe wurde von einem örtlichen Schweißer im Sterbeort Ketchum, Idaho, zerstört und die Überreste in einem Acker vergraben.

RTL inszeniert Winnetou-Filme neu

Viel geschossen werden dürfte im Weihnachtsprogramm von RTL. Der Privatsender hat Regisseur Philipp Stölzl die Winnetou-Filme neu inszenieren lassen und Jörg Seewald vom Berliner TAGESSPIEGEL hat sie bereits gesehen. Doch schon die Hauptfigur fällt bei ihm durch:
"Nik Xhelilaj ist laut RTL in seiner albanischen Heimat ein gefeierter Star. Das mag sein, doch wird man den Eindruck nicht los, dass er eher bei einem Pierre-Brice-Lookalike-Contest gecastet wurde. Letztlich ein tumber Adonis mit schönem Körper aber ohne jede Würde oder Ausstrahlung. Ein manchmal lächerlicher Winnetou, der Old Shatterhand die Schokolade wegisst und ihm dafür – so viel Dschungel-Selbstironie darf’s bei RTL schon sein – eine lebendige Raupe zu essen gibt, entzieht einem so ambitionierten Projekt die Geschäftsgrundlage."
Auch Blutsbruder Old Shatterhand kommt nicht viel besser weg.
"Weil der sympathische Wotan Wilke Möhring mit seiner weichen Art eher metrosexuell angehaucht daherkommt, könnte man auf die Idee kommen, die Macher des neuen Winnetou hätten die Essenz des Karl-May-Universums nicht verstanden, das ganze Generationen von Kindern einst lehrte, was gut und was böse ist."
Ob die Filme überhaupt bei Kindern funktionieren, darf bezweifelt werden. Denn in heutigen Kinderzimmern sind Cowboy und Indianer etwa so aktuell ist wie ein Kassettenrekorder. Vielleicht richtet sich die neue Karl-May-Verfilmung ja auch an die Väter oder Großväter. Wenn die nicht gerade das neue Stones-Album hören und dabei überlegen, ob sie nun niederknien sollen oder nicht.