Aus den Feuilletons

Uh oh! Hehehehehe!

Welt-Premiere des Films "Minions" in London am 11.06.2015
"Cala camun itchi nubi! Hey! Cala lat chen cala cuba!" - Welt-Premiere des Films "Minions" in London © picture alliance / dpa / Andy Rain
Von Maximilian Steinbeis · 30.06.2015
Unverständliche Rufe durchziehen das Feuilleton. "FAZ"-Rezensent Dietmar Dath übersetzt für uns: "Was immer das heißen mag: So ist es." Schuld ist eine Neuauflage des 3D-Animationsfilms "Minions". "Ohne Frage das Filmkunstwerk der Woche", lobt die "SZ"
Bei der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG endet die Rezension mit den Worten:
"Uh oh. Hehehehehe. Ramspopo."
Bei der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG heißt der letzte Satz: "Cala camun itchi nubi! Hey! Cala lat chen cala cuba!", und Rezensent Dietmar Dath fügt immerhin so etwas wie eine Erklärung hinzu:
"Was immer das heißen mag: So ist es."
Was ist da los? Die Minions, lautet die Antwort, für SZ-Rezensent Tobias Kniebe "ohne Frage das Filmkunstwerk der Woche" und für seinen Kollegen von der FAZ wie schon seine Vorgänger Despicable Me I und II "zweifellos Klassiker". Was sind die Minions?
"Mehr oder weniger aufrecht gehende, auch mal tanzende, mitunter einäugige gelbe Hüpfbohnen", erläutert FAZ-Autor Dath, und der Reim, den er sich auf diesen offenbar sensationell lustigen, wenngleich unwiderstehlich infantilisierenden Film macht, lautet so:
"Wir sehen die Menschenwelt, wie die Drogen selbst sie sähen, wären sie denn gelbe Pillen mit Augen – mal zweien, mal nur einem."

Unnahbare Schöne: Debbie Harry wird 70

Das Kind, genauer gesagt: den Teenager im Feuilletonisten weckt auch ein anderes aktuelles Kulturereignis – Debbie Harry, die coole blonde Blondie-Postpunk-New-Wave-Popikone der 70er-Jahre, wird jetzt selber 70.
"Für die unverbildete bayerische Teenagerseele war Debbie Harry eine Offenbarung", träumt sich Andrian Kreye in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG in seine Pubertät zurück.
"Nach den Jahren der selbstgefälligen Gefühligkeit und wohlfeilen Anfasserei stand Debbie Harry als unnahbare Schönheit mit Schmolllippen und verhangenen Augen für eine ganze andere Zeit. Es ist mit diesen Aufbruchsjahren der Ironie und des Punk nun schon die dritte Ära des Pop, die in jene Phase tritt, die sie in Amerika freundlich die 'Silver Surfer'-Jahre nennen. Das rührt dann auch an der eigenen Selbstgewissheit, weil damit die eigene Jugend verschwindet. Ein Trost bleibt – Debbie Harry selbst."

Zum 600. Todestag des Glaubensreformators Jan Hus

Wem der Sinn nach feuilletonistischer Bemühung um Jugendlichkeit steht, der wird vorzugsweise in der WELT fündig, und so auch an diesem Tag: Marc Reichwein hat sich anlässlich des 600. Todestages des Glaubensreformators und tschechischen Nationalhelden Jan Hus an dessen Hinrichtungsstätte in Konstanz herumgetrieben – ein Thema, dem sich der WELT-Autor mit dem Mittel des "Kopfkinos" nähert:
"Mistgabeln, die auf den Erzketzer einpieksen."
An der Kino-Metapher hat der Autor überhaupt große Freude: "Dieser Ketzertod war eine europäische Koproduktion, ein mehrteiliger Blockbuster des ausgehenden Mittelalters", mit John Wyclef als "Prequel" und Martin Luther als "Sequel", und wem das zu albern ist, der ist bei der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG richtig aufgehoben, denn auch dort gibt sich ein Autor in großer Ausführlichkeit seinen Kindheitserinnerungen hin, Roman Bucheli nämlich, in einem langen Essay zum immer aktuellen Thema Langeweile.
Eine Frau liest in einer Hängematte am Badestrand eines Campingplatzes in Lindau ein Buch.
Ach, so ein bisschen Langeweile wär auch mal ganz schön. © picture alliance / dpa / Karl-Josef Hildenbrand
Sommerferien und Langeweile
"Nie haben wir uns als Kinder verlorener gefühlt als an den trägen Sommernachmittagen, mitten in den Ferien, wenn nichts zu tun und nichts zu fürchten war, wenn die Zeit mit der sonnenheißen Luft stillstand zwischen den Häusern und Bäumen, wenn als Tonspur das Gurren der ebenso blöd und lustlos herumhockenden Tauben unsere Nachmittage begleitete: Dann erschreckte uns der Mittagsdämon."
Der scheint für den NZZ-Autor aber eine durchaus fruchtbringende Gestalt zu sein: Nach allerhand Zitaten von Benjamin und Pascal und Schlegel und Roland Barthes stellt er die Frage, ob "wahre Lebenskunst" hieße:
"... sich noch einmal der Schwerkraft der Langeweile hingeben zu können? Noch einmal so leer und zwecklos und wortlos werden und im Gurren der Tauben an einem Sommertag das quälend foppende Gegenstück erkennen des eigenen Unvermögens, die Taubheit des Herzens in Worte zu fassen?"
Uns scheint dieser Text das quälend foppende Gegenstück zu einem entsetzlich langweiligen Nachmittag in einem Zürcher Feuilletonistenstübchen zu sein, weshalb wir dem NZZ-Autor empfehlen würden, sich schleunigst ins Kino aufzumachen und sich die Minions reinzuziehen.
"Pffffhehehehahaha. Aaahhhrggg! Uh oh."
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