Aus den Feuilletons

Transparenz-Offensive im Berliner Kulturbetrieb

Der Spitzenkandidat der Partei Die Linke, Klaus Lederer bei der Wahl des Abgeordnetenhauses in Berlin.
Klaus Lederer von den Linken wird demnächst Berliner Kultursenator. © dpa / Klaus-Dietmar Gabbert
Von Ulrike Timm · 28.11.2016
Die Gagen von Spitzenleuten in Kulturinstitutionen sollen offengelegt werden: Darauf dringt die Linke im Koalitionsvertrag der kommenden Berliner Regierung, schreibt die "Welt". Dirigenten und Intendanten sind nicht begeistert, so die Zeitung weiter.
"Noch nicht da und schon maximal unbeliebt!" – nein, wir reden nicht über einen designierten Präsidenten, sondern über den kommenden Kultursenator Berlins, Klaus Lederer von der Linken. "Wer gibt hier den Lohn an?" fragt die WELT, denn die Linke dringt im Koalitionsvertrag darauf, dass die Gehälter von Chefdirigenten und Intendanten offengelegt werden sollen, und tatsächlich wird aus den Gagen der Spitzenleute von Kulturinstitutionen ja oft genug ein Geheimnis gemacht.

Durchleuchten der Kulturszene

Damit sie kommen, bleiben und nicht gleich wieder gehen, so heißt es. Und, um keine Neiddebatte zu entfachen. Dabei ist das Bohren und Insistieren oft genug Nebelkerzenwerferei, Claus Peymann, langjähriger Chef des Berliner Ensembles, hat mal offen seine gut 200.000,- herausposaunt. Die Hamburger Kulturszene wurde schon durchleuchtet, und da landeten der Intendant der Hamburgischen Staatsoper und die Generalmusikdirektorin deutlich unter Peymanns Salär.
Also Sehr-Gutverdiener, keine Frage, aber als Boss eines großen mittelständischen Unternehmens gibt es ebenso viel – und um große mittelständische Unternehmen handelt es sich bei Opern und Theatern ja ... auch. Und gut, die Barenboims und Rattles kriegen mehr, aber, Pardon und im Wirtschaftssprech geblieben: Sie machen auch mehr. Und spielen mehr ein!
Kurzum: Hilfreich und nötig wäre so ein Aufs-Hemd-Auszieh-Prozedere in Sachen Geld nicht, aber so fundamental dramatisch nun auch wieder nicht. Verglichen mit Staatsopernsanierung und BER allerdings ist das Skandalpotential von Intendantengehältern homöopathisch, und der Stadttheaterdirigent jenseits der Hauptstadt fängt so mit 2500.- brutto an. Sagt die WELT.

Kein Live-Olympia bei ARD und ZDF

Bleiben wir beim Geld, es redet sich doch gut darüber!
ARD und ZDF wollen den Preis für die Olympia –Live –Übertragungen nicht mehr zahlen, das ist eine Zäsur, und während die SÜDDEUTSCHE – "Nur dabei statt mittendrin!" - um die kritische und unabhängige Berichterstattung durchaus fürchtet, sieht die BERLINER ZEITUNG das cooler.
"Hätten ARD und ZDF die von Discovery aufgerufene Summe gezahlt, wäre mit Sicherheit wieder eine Diskussion über die Verschwendung von Gebührengeldern losgegangen – verbunden mit der spitzen Erkundigung, ob die Übertragung des Super-G zu nachtschlafender Zeit zum Grundauftrag gehöre".
Das Logo des privaten Fernsehsenders Eurosport, einer Tochter der Discovery Communications Deutschland GmbH & Co KG.,
Der private Fernsehsender Eurosport, Discovery-Tochter, überträgt 2018 bis 2024 die Olympischen Spiele.© Andreas Gebert, dpa
Mal eben gestrichen hat der Dresdner Stadtrat den Dresdner Philharmonikern 250.000.-, für die kommende Spielzeit 2017/18, also letztlich von jetzt auf gleich. Kurz zuvor hatte man dem Orchester noch die Verpflichtung für Einlass-, Garderoben- und Sicherheitspersonal aus eigenen Mitteln aufgedrückt, "im Rahmen der Versammlungsstättenverordnung".
Das Musikfest wurde gleich mit gerupft, aber der neue Kulturpalast soll leuchten. Für die FAZ liegt in solchen Hauruckaktionen ein Skandal, bitter spricht sie vom "Kulturballast", den man in Dresden offenbar abwerfen wolle.

Rummel ums Berliner Flussbad

Und wohin mit solch freigewordenen Mitteln? Vielleicht sollte man die Kohle einfach schwimmen lassen – womit wir wieder bei der neuen Berliner Koalition wären, die ein "Flussbad Spree" unterstützt. Gemeint ist öffentliches Baden rund um die Museumsinsel, der Plan sorgt schon mal für "nachhaltigen Rummel im Namen der Demokratie", feixt die FAZ.
"Sauberer Fluss, Rückeroberung des Stadtraums für die Nutzung durch Bürger, Bewohner treffen Gäste – es gehe um viel mehr als ums Schwimmen in der Spree, heißt es im Werbeauftritt des Badevereins. Im historischen Zentrum würden dann nämlich 'aktuelle Themen und Werte unserer Gesellschaft wie Ökologie, Nachhaltigkeit und Partizipation verhandelt'.
Partizipation durch Plantschen, was für ein sprachlicher Seegang!
"Es kommt alles wieder zurück" schreibt die TAZ, meint aber leider keine Geldströme, sondern nostalgische Gefühle für Nationalstaaten, und wie ein lakonischer Kommentar zu fehlendem, zurückgehaltenem oder herausgeschmissenem Geld liest sich eine Überschrift der BERLINER ZEITUNG:
"Ein bisschen Schwund ist immer".
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