Aus allen Rohren feuern

Die Oscartrailerschmiede in Berlin

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Gute Cutter sind gefragt: Trailer sollen die Zuschauer in die Kinos locken. © dpa/picture-alliance/Britta Pedersen
Von Jule Hoffmann · 02.05.2015
Nicht nur Filme und Schauspieler werden in Hollywood mit Preisen gekürt, auch die Trailer können abräumen. Doch was ist ein guter Trailer? Das Erfolgsrezept des Berliner Producers Philipp Fleischmann lautet: Bloß keine falsche Bescheidenheit im Schnitt! Und er verrät auch, warum ein guter Trailer wie ein erstes Date ist.
"Wir haben Grund anzunehmen, dass im Lager Verbrechen begangen wurden. Da wurden umgebracht Hunderttausende."

"Mein Süßer, wir ziehen echt zusammen, ich freu mich so!—Hhhh, Monika?! "
"Tod den Hippies, es lebe der Puuunk!"
Ein Drama, eine Liebeskomödie und ein Punkfilm - drei Filme, die rein gar nichts miteinander zu tun haben, außer eines: alle drei wurden bei der Produktionsfirma Fleischmanntrailer in Berlin hergestellt. Philipp Fleischmann ist Geschäftsführer und sitzt selbst auch am Schneidetisch. Trailer machen, das habe aber nicht nur mit Schneiden zu tun, sagt er. Es gehe vor allem um ein gutes Konzept: Wie kann man das, was ein Film von 100 Minuten Länge erzählt, am besten in ein, zwei Minuten rüberbringen?

"...und schon wieder zu viele Details!“
Die positiven Aspekte betonen
Als Trailerproduzent kriege man dafür mit der Zeit ein Gespür, sagt Fleischmann.
"Ich versuch beim ersten Mal den Film als ganz normaler Zuschauer zu sehen und versuche noch gar nicht, an den Trailer zu denken. Einfach damit man so ein Seherlebnis von dem Film hat."
Anschließend wird ein erster Entwurf gemacht und Rücksprache mit dem deutschen Filmverleih gehalten, der den Trailer in Auftrag gibt.
"Dann sagen die z.B., ach, dass sich die Hauptfigur bei Minute 70 dann auch noch umbringt, das lassen wir mal lieber weg, oder dass die zweite Nebenfigur übrigens unheilbaren Krebs hat, das wollen wir auch nicht betonen, lass uns doch lieber die lustigen… also das passiert relativ oft."
"Ich hab wirklich nur einmal ganz kurz auf die Maus geklickt , aber… ich glaub, ich hab das Internet gelöscht."
In der Regel betont man eher die Komödie und lässt das Drama unter den Tisch fallen, so lautet das Rezept für einen erfolgreichen Trailer. Verfälscht man damit nicht den wahren Kern eines Films?
"Das ist ähnlich wie ein erstes Date, also da versucht man ja auch eher, die positiven Aspekte hervorzuheben und nicht direkt am ersten Abend sich zu treffen und zu sagen, übrigens, ich schnarche und meine Socken stinken. Und so ähnlich funktioniert ein Trailer, glaub ich. Man lügt nicht, aber man betont die positiven Seiten."
Hoher künstlerischer Anspruch
Spannung und Humor verkaufen sich eben besser als Drama und Tristesse. Ein rein kommerzielles Kalkül.

"Das ist nichts für mich, ich bin Künstler, Mann."
"Ich glaube, man kann den Trailer am besten beschreiben als so ne Mischung aus nem Kurzfilm und einem Werbespot. Man macht ja Werbung für den Film, man benutzt aber dafür den Film. Man benutzt den Film allerdings wirklich als Rohmaterial, also man entwickelt auch oft ne völlig eigene Dramaturgie für den Trailer."
So sind z.B. die Szenen eines Films nicht unbedingt in der gleichen Reihenfolge, Bild und Ton werden unabhängig voneinander eingesetzt und Inserts informieren über den größeren Handlungszusammenhang. Auch Erzähler kommen zum Einsatz, die per Voice-Over die Handlung erweitern. All das erfordert auch künstlerischen Anspruch, sagt Fleischmann.
"Wissen Sie, was Sie da anrichten! Wollen Sie, dass sich jeder junge Mensch in diesem Land fragt, ob sein Vater ein Mörder ist!"
Am Ende sind Filmtrailer oft eine geballte Ladung aller herausragenden Szenen eines Films. Zwei Minuten Spoiler sozusagen?
"Ich glaube, dass es nicht unbedingt falsch ist, im Trailer schon aus allen Rohren zu feuern. Also die Möglichkeit oder die Bereitschaft von nem Publikum, Dinge sozusagen nachher noch zu entdecken, die wird meines Erachtens immer geringer, weil so wahnsinnig viele Filme starten, also ich weiß nicht, jede Woche starten irgendwie 10 bis 20 Filme. Man kann die Filme, die nicht breit beworben wurden und die vom Publikum entdeckt wurden, an einer Hand abzählen."
Ein guter Trailer macht einen erfolgreichen Film, lautet Fleischmanns Auffassung. Wie auch immer die Verleihung der "Golden Trailer Awards“ ausgeht, auf Youtube gehen die Klickzahlen schon jetzt durch die Decke.

"Nehmt euch eine Auszeit von der Härte des Lebens und kommt in den Dschungel der Lust!"