"Attenberg"

Von Anke Leweke · 09.05.2012
Seit zwei, drei Jahren macht das junge griechische Kino in der internationalen Festivalszene auf sich aufmerksam. Mit ihrem Film "Attenberg" erzählt Athina Rachel Tsangari nicht nur von einer besonderen Vater-Tochter-Beziehung, sondern auch vom heutigen Griechenland.
Angesichts der griechischen Wirtschaftskrise, der sozialen Erschütterungen und des Verfalls der bürgerlichen Werte stellen sich Filmemacher auf provozierende Weise die Frage: Was ist der Mensch? Was bleibt von ihm? Was unterscheidet ihn von anderen Lebewesen?

Sir David Attenborough, der Name des legendären britischen Tierfilmers verhilft Athina Rachel Tsangaris Film zu seinem - abgewandelten - Titel. Mit wissenschaftlichem Anspruch untersuchte Attenborough in seinen Dokumentationen das Leben und Verhalten der Tiere. Es ist dieser Blick, den die junge Heldin aus "Attenberg" übernimmt, um sich und ihre Umwelt, ihren Körper und ihre Sexualität zu erforschen.

"Attenberg" beginnt mit einer langen, befremdlichen Kussszene. Die Heldin übt mit wissenschaftlicher Präzision den Zungenkuss mit ihrer besten Freundin. Wenig später sehen wir wie die Übung in der Praxis angewendet wird. Und es hat etwas Befreiendes, zuzuschauen, wie dieser Film die Selbstverständlichkeiten des menschlichen Liebes- und Balzverhaltens untersucht, befragt, ins Absurde wendet.

Man könnte auch sagen, dass "Attenberg" ein Tierfilm über Menschen ist. In seltsamen Tanzeinlagen imitieren die Heldin und ihre Freundin die Vogelwelt. Auf tänzerische und spielerische Weise dreht die junge Regisseurin die Zivilisation zurück, der Mensch wird wieder zur Kreatur, die sich in ihren wunderbar komponierten Bildern neu erfinden kann.


Griechenland 2010. Regie: Athina Rachel Tsangari. Mit: Ariane Labed, Vangelis Mourikis, Evangelia Randou.

Filmhomepage


Links auf dradio.de:

Liebe und Einsamkeit in der griechischen Provinz: Der Film "Attenberg" kommt in die deutschen Kinos

Griechischer Spaß: Athina Rachel Tsangaris Film "Attenberg" (DLF)
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