Ai-Weiwei-Werkschau in London

Gewaltige Wirkung auf den Betrachter

Der Innenhof der Royal Academy of Arts in London mit dem Plakat zur Werkschau des chinesischen Künstlers Ai Weiwei 2015
Der Innenhof der Royal Academy of Arts in London mit dem Plakat zur Werkschau des chinesischen Künstlers Ai Weiwei 2015 © Deutschlandradio / Friedbert Meurer
Von Friedbert Meurer · 15.09.2015
Einen Überblick über das Schaffen des chinesischen Künstlers Ai Weiwei will eine Londoner Ausstellung bieten. Die Feuilletons sehen ihn als einen der bedeutendsten Künstler der Gegenwart und die Wirkung der Schau als gewaltig. Aber sie äußern auch Kritik. London-Korrespondent Friedbert Meurer war vorab dort.
"Everything is art. Everything is politics", sagt Ai Weiwei. Die Royal Academy of Arts in London zeigt ab dem 19. September eine Werkschau mit den wichtigsten Installationen, Skulpturen und Fotografien des chinesischen Künstlers Ai Weiwei. 2010 goss Ai in der Tate Modern in einer spektakulären Inszenierung 100 Millionen Sonnenblumenkerne aus Porzellan aus. Jetzt will man in London die Möglichkeit schaffen, einen größeren Überblick über das Schaffen Ai Weiweis in den letzten 20 Jahren zu erhalten.
Mit "Straight" verarbeitet Ai das Erdbeben von Sechuan künstlerisch, das 70.000 Tote gefordert hat. Aus verbogenem, geborstenem Betoneisen aus der zerstörten Stadt lässt er tausende in gerade Eisenstangen umformen und in Wellenform über eine riesige Fläche ausbreiten – wie um das tödliche Versagen der chinesischen Bauaufsichtsbehörden wieder zurechtzubiegen. An den Wänden sind die Namen von 5000 ums Leben gekommenen Kindern.
Die Skulptur "Straights" des chinesischen Künstlers Ai Weiwei in der Londoner Werkschau 2015
Die Skulptur "Straights" des chinesischen Künstlers Ai Weiwei in der Londoner Werkschau 2015© Deutschlandradio / Friedbert Meurer
Immer der gleiche "Trick"
Zu sehen sind auch die sechs Dioramen "S.a.c.r.e.d" – gewaltige , fünf mal drei Meter große Eisenkästen, in deren Inneren man Ai während seiner Haftzeit im Jahr 2011 betrachten kann. Halblebensgroße Puppen zeigen, wie er beim Essen, Schlafen oder auf der Toilette ununterbrochen von zwei Soldaten bewacht wurde. Er habe das "psychologische Kriegsführung" gegen sich empfunden.
Die Feuilletons der großen Zeitungen sind sich einig, dass Ai einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart ist. Für die "Times" wendet er aber immer den gleichen "Trick" an, spektakuläre Installationen in einen chinesischen Kontext zu setzen. Der "Daily Telegraph" spricht angesichts der Größe der Installationen und Skulpturen von "Megalomanie" und meint, Ai würde selbst zugeben, dass er als Dissident berühmt geworden sei. Erst in späteren Jahrzehnten würden wir aus der Distanz entscheiden können, wie großartig seine Kunst wirklich ist. Aber alle sind sich auch einig: die Wirkung auf den Betrachter ist gewaltig.

Programmtipp: Um 23.05 Uhr spricht Friedbert Meurer mit Eckhard Roelcke in der Sendung "Fazit" über Ai Weiweis Kunstwerke in London.

Die Ai-Weiwei-Ausstellung ist in der Royal Academy of Arts in London vom 19. September bis 13. Dezember 2015 zu sehen. Mehr Informationen auf der Webseite der Institution.

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