Abgeschnitten von der Datenautobahn

Von Claudia van Laak · 23.09.2008
In punkto Internet gibt es eine gesellschaftliche Spaltung - nicht nur zwischen jung und alt, auch zwischen Stadt und Land. Während Städte und Ballungsräume hervorragend mit schnellem Internet via DSL ausgestattet sind, blicken Bewohner dünn besiedelter Gebiete schlicht in die Röhre. Für Unternehmer entwickelt sich die Ungleichheit zum Standortnachteil.
Das Logistik-Unternehmen Fiege wickelt sein gesamtes Osteuropa-Geschäft von Brandenburg aus ab. Zwei Kilometer südlich des Berliner Rings in Rangsdorf befindet sich die entsprechende Niederlassung - für den Lkw-Verkehr ein hervorragender Standort. Die Autobahn ist da, die Datenautobahn allerdings nicht. Bei der Arbeit im Internet gibt es ständig Verzögerungen, klagt Niederlassungsleiter Lothar Hertzfeld:

"Das passiert bei Zollanmeldungen über Atlas, dem zentralen Meldesystem des Zolls, es passiert im Fernzugriff auf unsere Speditionssoftware, die bei einem Dienstleister steht, es passiert, wenn wir auf das SAP in unserer Zentrale oder beim Kunden zugreifen, dass es da Verzögerungen gibt, die eigentlich nicht sein müssten und die heutzutage nicht mehr sein sollten."

Das Gewerbegebiet Rangsdorf verfügt zwar über einen DSL-Anschluss, allerdings nur mit einer geringen Bandbreite von 1000 Megabit. Für große Datenmengen, wie sie die Spedition verarbeitet, viel zu wenig.

"Wir können hier eine Bandbreite von 1000 Megabits erhalten, in der Werbung lese ich von 16000 Megabits und mehr, und die hätte ich auch gerne. Die würde ich dann auch gerne bezahlen, da hätte ich kein Problem mit."

Die Mieter im Technologiezentrum Wittenberge wären schon froh, wenn sie eine 1000-Megabit-DSL-Leitung hätten. In der Kleinstadt auf halbem Wege zwischen Berlin und Hamburg liegt lediglich ein ISDN-Anschluss. Ein Unding, sagt Monika Rötig, Chefin eines Filtertechnik-Unternehmens.

"Stellen Sie sich einfach vor, es schickt Ihnen jemand ein Foto von einer Anlage und sagt, guck doch mal eben drauf, dann kann ich zu dem sagen, meld Dich in zwei Tagen noch mal oder morgen. Und wenn der ein Problem hat, dann kann ich dem nicht helfen. Das ist katastrophal, ich hätte nicht gedacht, dass wir da auf einem Status sind von vor 15 Jahren."

Das stimmt nicht ganz. In Brandenburg und den anderen neuen Ländern hat die Telekom direkt nach der Wende ein modernes Glasfasernetz gelegt - Ostdeutschland war führend in punkto ISDN. Doch das schnellere Internet via DSL braucht nicht Glasfaser-, sondern Kupferkabel. In den Städten und Ballungsgebieten Ostdeutschlands wurden deshalb die Glasfaserleitungen mit Kupfer überbaut, auf dem Land nicht. Das führt zum Beispiel dazu, dass große Teile Brandenburgs nicht über schnelle Internetzugänge verfügen. Marco Albrecht von der Industrie- und Handelskammer Potsdam zeigt auf den im Internet veröffentlichten Breitbandatlas der Bundesregierung. Klickt man das Land Brandenburg und den Punkt DSL-Versorgung an, zeigt er viele weiße Flächen.

"Hier sehen Sie es im Prinzip schon. In Ballungsgebieten wie Berlin haben Sie Angebote im Überfluss. Und sobald Sie in den ländlichen Raum gehen, sehen Sie nur in den Städten eine Versorgung, alles andere ist weiß und entsprechend unterversorgt."

Ein enormer Standortnachteil, der seit langem von Unternehmerverbänden und Kammern beklagt wird. Auch Brandenburgs Landesregierung kritisiert diesen Zustand und hat ein Konzept zum verbesserten Breitbandzugang verabschiedet. Ein Teil davon ist der Breitbandatlas Brandenburg. Hier können private Nutzer und Unternehmen ihren Bedarf nach einem schnellen Internet anmelden – bereits nach wenigen Monaten haben sich 5000 Interessenten registriert. Der Atlas zeigt nun den DSL-Anbietern wie der Telekom oder anderen, wo es sich wirtschaftlich lohnt, in die Breitband-Infrastruktur zu investieren.

Seit Anfang des Jahres können Bürgermeister außerdem Fördermittel für eine bessere Breitbandversorgung beantragen - die Bundesregierung stellt dazu drei Jahre lang insgesamt 30 Millionen Euro zur Verfügung. Den betroffenen Unternehmen dauert dieser Prozess allerdings viel zu lange, Alternativen wie das Breitband-Internet per Satellit oder Funk sind vielen Firmen zu teuer. Sie brauchen einen preiswerten und schnellen Internetzugang, und das sofort - so wie die Unternehmerin Monika Rötig:

"Mein IT-Fachmann hat es wirklich spitz auf den Punkt gebracht und hat gesagt, willst Du nicht einfach in den Westen kommen. Der kommt aus Dortmund und da gibt es mittlerweile V-DSL, also noch eine Nummer schneller, und er sagt, wie wär´s denn damit."

Monika Rötig hat sich entschieden. Sie ist mit ihrem Filtertechnik- Unternehmen vor kurzem umgezogen - von Brandenburg nach Rheinland-Pfalz.