70. Jahrestag des Kriegsendes

Putin und die Rockergang

Der Anführer der Rocker-Gang "Nachtwölfe", Alexander Zaldostanow, fährt mit anderen Bikern durch Sewastopol.
Der Anführer der Rocker-Gang "Nachtwölfe", Alexander Zaldostanow, fährt mit anderen Bikern durch Sewastopol/Krim. © picture alliance / dpa / Stanislav Krasilnikov
Von Florian Kellermann · 16.04.2015
Pünktlich am 9. Mai will eine Gruppe russischer Motorradfahrer Blumen am Ehrenmal für die Sowjetischen Soldaten im Treptower Park in Berlin niederlegen. Zuvor wollen sie den Weg der Roten Armee durch Osteuropa nachzeichnen. Unterstützung erhalten Sie von Präsident Putin, in Polen aber stoßen die Rocker mit ihrer Gedenkfahrt auf Widerstand.
So lässt sich Wladimir Putin gerne fotografieren: Der russische Präsident cool, mit schwarzem Hemd und Sonnenbrille - Arm in Arm mit einem bärtigen, muskelgestählten Motorradfahrer. Oder so: Der Präsident sitzt selbst auf einer der großen Maschinen, auf dem Motorrad neben ihm, mit aufgepflanzter Russland-Fahne, wieder der gleiche harte Kerl.
Putin und der Anführer des Motorradklubs "Die Nachtwölfe" sind befreundet. So stellen es er und Alexandr Saldostanow, der sich "der Chirurg" nennt, jedenfalls dar. Im Gespräch tauschen die beiden gerne Nettigkeiten vor laufender Kamera aus. Bei einem Treffen des Klubs sprach der Präsident von der Bühne:
"Wenn sich Motorradfahrer miteinander unterhalten, verwenden sie oft das Wort Bruder. Deshalb gestattet, wenn ich sage: Herzlichen Dank Euch für die Einladung, Brüder! Ein Motorrad ist das mutigste, gewagteste und schnellste Fortbewegungsmittel - und, das ist das Wichtigste, es gibt dem Besitzer den süßen Geschmack der Freiheit. Ein Motorrad ist das Symbol der Freiheit."
Putins PR-Aktion
Beobachter sehen in der Freundschaft zwischen dem Präsidenten und dem Motorradklub vor allem einen Schachzug von Putins PR-Beratern, so der Journalist Artemij Trojitskij:
"Putin ließ sich ja früher schon mit nacktem Oberkörper fotografieren und zeigte seiner Muskeln. Mit der Freundschaft mit den Motorradfahrern ringt er um die Sympathien einer ähnlichen gesellschaftlichen Gruppe. Das sind Jugendliche, von denen eben viele gerne Computerspiele spielen und Actionfilme sehen."
Seit Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektierte, werden allerdings auch die politischen Bande zwischen Putin und dem Motorradklub enger.
Die "Nachtwölfe" feierten die von ihnen sogenannte "Rückkehr" der Krim nach Russland mit einer Show in Sewastopol. Zu einer Performance mit Fackeln und Feuerwerk bezeichnete der Klubpräsident Saldostanow die Ukraine als faschistisches Land. Deshalb müsse Russland die Ukraine bekämpfen, sagte er. Putin lobte den Klub für seine patriotische Haltung.
Deshalb sehen Beobachter auch die geplante Tour der "Nachtwölfe" nach Berlin als geplante politische Aktion. Die Motorradfahrer wollen ihre Fahrt mit dem Motto "Unser großer Sieg" kommende Woche in Moskau starten, zwei Tage später wollen sie die Grenze zu Polen überqueren.
Einige Politiker fordern bereits, den Motorradfahrern die Einreise zu verweigern - selbst wenn sie gültige Visa aus Deutschland haben sollten. Ministerpräsidentin Ewa Kopacz schließt das nicht aus:
"Eine Provokation"
"Ich betrachte diese Ankündigung, dass die Nachtwölfe durch Polen fahren wollen, als besondere Provokation. Die letzte Entscheidung, ob sie einreisen können, wird der Grenzschutz treffen. Wenn diese Fahrt irgendwie unsere Sicherheit gefährden könnte, dann werden wird unser Recht, die Einreise zu verweigern, ausschöpfen."
Tatsächlich würden die Nachtwölfe in Polen für erheblichen Unfrieden sorgen. Schon 9000 Bürger haben einen Aufruf unterschrieben, sie nicht durch ihr Land fahren zu lassen. Ihr Argument: Die Rote Armee habe Polen keineswegs die Freiheit gebracht. Vielmehr habe sie ihr Land unter das Joch der Sowjetunion gezwungen. Polnische Motorradklubs kündigten bereits an, den russischen Fahrern den Weg zu versperren.
Diese haben nun noch einmal Öl ins Feuer gegossen. Sie wollen auf ihrer Fahrt nun auch das Konzentrationslager in Auschwitz besuchen. Wohl um herauszustellen, dass es von der Roten Armee befreit wurde.
In den jüdischen Gemeinden in Polen stößt das auf Ablehnung, so bei Piotr Kadlcik, langjähriger Vorsitzender der orthodoxen Gemeinde in Warschau:
"Natürlich wäre so ein Besuch eine politische Demonstration, denn dieser Klub hätte ja schon früher nach Auschwitz kommen können - und niemand hätte sich darüber aufgeregt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie sich dort unpassend benehmen, aber ich kann mich natürlich täuschen. Ich hoffe sehr, dass sie sich so anständig benehmen wie ihre Großeltern vor 70 Jahren."
Die Nachtwölfe lässt der Aufruhr in Polen kalt. Alexandr Saldostanow alias "der Chirurg" sagte dem russischen Fernsehen, er habe viele Freunde in Polen, die seine Tour unterstützen würden. Auch in Tschechien und in Deutschland freuten sich die Menschen auf die russischen Motorradfahrer, glaubt Saldostanow.
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