"Yiddish Summer Weimar" 2015

Revival jiddischer Kultur

Szene aus "Golem": Eine Frau und ein Mann halten ein Schild mit der Aufschrift "Golem1" - alles ist als Schattenriss zu sehen.
Die Inszenierung des Stummtheaters "Golem" bildet den Auftakt für das Festival "Yiddish Summer" im Jahr 2015 in Weimar © dpa / picture alliance / Sebastian Kahnert
Von Blanka Weber · 22.07.2015
Beim Festival "Yiddish Summer Weimar" treffen sich Künstler aus aller Welt, die sich mit jiddischer Kultur und Geschichte beschäftigen: Sie beleben vergessene Lieder neu und es treten US-Stars auf. Das Festival ist eines der bedeutendsten der Szene. Doch es hänge am seidenen Faden, sorgt sich der Leiter.
"Ich kann Deutsch verstehen und ich kann es auch sprechen."
Efim Chorny kommt seit Jahren nach Weimar, zuerst war er Gast, in diesem Jahr ist er einer der Artist in Residence - der hochgewachsene, schlaksige Moldawier mit dem schulterlangen, schüttern Haar.
"Ja, Sie können in ihrer Sprache fragen. Ich antworte dann auf Jiddisch."
Wir können Deutsch reden, aber auch Jiddisch, er spricht englisch und andere Sprachen mehr. Zuhause in Moldawien ist er ein Star in seiner Szene. Sänger, Komponist, Lehrer, Chorleiter - einer der wichtigsten Protagonisten des Revivals jiddischer Kultur in Osteuropa.
Beim Yiddish Summer Weimar leitet er den Workshop für das Jiddische Lied. So wie Susan Ghergus, Pianistin, ebenfalls aus Moldawien. Beide sind Artist in Residence.
"Für mich ist das hier wie eine Schule, wo ich lernen kann und geben, geben und lernen. Es ist sehr tief und nicht nur einfach hüpfen und lustig sein. Es geht um die Musik, um die Kultur. Was es heißt ein Jude zu sein, sich als Jude zu fühlen, das habe ich eigentlich hier in Weimar gelernt und wie schön es ist, mehr zu wissen darüber und genau das zu teilen."
Das vielleicht wichtigste jiddische Theater weltweit
Aus 26 Ländern kommen die Teilnehmer und Künstler. Juden, nicht Juden - das spielt eigentlich keine Rolle, denn uns verbindet die Kultur, sagt Efim Chorny aus Moldawien.
"Wer nach Weimar kommt, hat jüdische Wurzeln, manche von uns sind damit geboren worden, andere nicht. Wenn wir hier zusammen sind, schaffen wir eine Verbindung und vielleicht auch noch tiefere Wurzeln für unsere Kultur. Unser Programm hat im Vorbereiten viel Zeit in Anspruch genommen. Und wir hoffen, dass nun auch die 'Wurzeln der Gäste' vielleicht ein Stück wachsen."
Efim Chorny gastiert mit seiner moldawischen Kollegin Susan und der ukrainischen Sängerin Sasha Somish mit der Hommage an ein besonderes Theater: das erste und vielleicht wichtigste jiddische weltweit - das Jacob-Ber-Gimpels-Theater im damaligen Lemberg - heute Lviv - in der Ukraine. Es wurde 1889 eröffnet und mit Beginn des Zweiten Weltkrieges geschlossen. Die Lieder, die wir von dort mitgebracht haben, sagt Efim Chorny, sind heute nur wenigen bekannt. Genau das wollen wir ändern:
"Es sind alte Lieder, vergessene Lieder. Wir machen so ein bisschen Revival."
Arbeit hängt am seidenen Faden
Es geht um vergessenes Liedgut, aber auch das, was die neue Generation daraus macht. Was entwickelt sich weltweit? Wie sieht jiddische Kultur aus? Der Festivalleiter und renommierter Musiker Alan Bern sagt: Wir blicken nicht nur zurück, sondern:
"Eigentlich auf die Zukunft, weil, wir berichten nicht über Jiddische Musik, sondern wir machen jiddische Musik. Was in Weimar in den letzten Jahren passiert, strahlt weltweit aus. Die Künstler werden darüber wirklich weltberühmt und die Projekte gehen überall auf die ganze Welt. "
Das Festival gehört längst zu den großen, namhaften weltweit - trotz des kleinen Budgets von circa 200.000 Euro. 60 bis 70 Prozent werden selbst erwirtschaftet. Im nächsten Jahr kommen 210.000 Euro von der Kulturstiftung des Bundes hinzu, dennoch, so der Festivalleiter, unsere Arbeit hängt am seidenen Faden, wenn die Politik im eigenen Bundesland, in Thüringen, weiterhin so zurückhaltend ist.
Manch eine Idee, manch ein Kontakt zwischen weltweiten Musikern aus Japan, Australien, dem Baltikum, Südeuropa oder Deutschland hat es bislang aus dem Festival zu einem preisgekrönten Projekt geschafft. Für Efim Chorny aus Moldawien, den Mann mit dem unwiderstehlich trockenen Humor, ist das Festival wie "atmen, essen, Energie und Impulse tanken" erzählt er. Ich kann gar nicht mehr sagen, warum ich hier bin. Es ist einfach: Ein Muss!

Das Festival "Yiddish Summer" in Weimar dauert noch bis 16. August 2015. Mehr Informationen auf der Homepage des Festivals.

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