Neuauflage eines Klassikers

Sheila Jordan sorgte 1962 für eine kleine Sensation. Sie war die erste Sängerin, die für das angesagte Jazz-Label "Blue Note" eine Platte veröffentlichte. Dieses Label stand zu dieser Zeit eigentlich für einen ganz anderen Sound, nämlich für treibenden instrumentalen Hard-Bop und unwiderstehlichen Soul-Jazz.

Doch Sheila Jordan bekam ihre Chance unter anderem deswegen, weil sie wie eine Instrumentalistin an ihre Musik heranging. Sie konnte wie ein Saxophonist improvisieren, beherrschte den Scat-Gesang und war zudem in der Lage, spontan zur Musik zu texten. Und - ganz wichtig: Sheila Jordan fand einen sehr persönlichen Zugang zum Gesang. Mit ihrer vergleichsweise hellen Stimme brauchte sie gar nicht erst zu versuchen, die voluminösen Afroamerikanerinnen wie Ella Fitzgerald oder Sarah Vaughan zu imitieren. Zudem hatte sie ein ausgezeichnetes Gespür dafür, welche Songs zu ihr passten. Auf ihrem Debütalbum war das zum Beispiel "Dat Dere" ein Stück des Pianisten Bobby Timmons, in dem sie ein kleines Mädchen verkörpert oder das großartige "Hum Drum Blues" von Oscar Brown Jr.

Sheila Jordan ist im November stolze 85 Jahre alt geworden und noch immer tritt sie regelmäßig auf. In ihrem aktuellen Repertoire befinden sich bis heute noch immer mindestens zwei, drei Stücke von "Portrait of Sheila". Auf die Frage, ob sie dieses Album eigentlich noch hin und wieder höre, hat mir Sheila Jordan geantwortet, dass sie sich ihre älteren Aufnahmen normalerweise nie wieder anhöre. Bei "Portrait of Sheila" sei das etwas anders. Das habe sie hin und wieder im Radio gehört, sich dabei aber gefragt, wer denn hier eigentlich singe. Bis sie dann lachend entdeckt habe, dass sie das ja selbst (gewesen) sei.

Label: American Jazz Classics (in-akustik)