Südafrika

Cape Jazz

Südafrikaner im Townsip Masiphumelele in Kapstadt
In Kapstadt hat sich eine urgeigene Spielart des Jazz entwickelt - der Cape Jazz. © dpa / picture alliance / Nic Bothma
Von Kerstin Poppendieck · 09.07.2014
In Kapstadt erklingt der Cape Jazz. Er ist die Musik der farbigen Bewohner mit Einflüssen aus dem Blues und Folk. Wir besuchten diese Szene in der zweitgrößten Stadt Südafrikas und präsentieren die neue Platte "Musical Democracy" der Band The Cape Jazz.
Jazz ist farbenblind, sagen Kapstädter, wenn man sie fragt, warum diese Musik hier so beliebt ist. Jazz wird durch alle Bevölkerungsschichten gehört, durch alle Klassen, Hautfarben und Kulturen. Doch Jazz ist hier nicht gleich Jazz. Die Musik klingt anders, je nachdem wo man sich in der Stadt aufhält. In der Innenstadt, in der vor allem die reichen Kapstädter wohnen, die hier zum größten Teil immer noch weiß sind, ist die Musik vor allem vom amerikanischen Jazz der 1940er und 50er inspiriert. Anders sieht es in den Townships, den Armenvierteln am Stadtrand aus. Während der Jahre der Apartheid von der Innenstadt abgetrennt, ist hier eine vielseitige, lebendige und ganz eigene Szene entstanden: der Cape Jazz.
Um diese einzigartige Spielart des Jazz zu feiern und zu verewigen haben sich verschiedene Kapstädter Jazzmusiker zur Cape Jazz Band zusammengeschlossen. Einer von ihnen ist Kyle Shepherd, mit seinen 27 Jahren einer der erfolgreichsten Musiker der aktuellen Szene:
"Die meisten Leute kennen doch nur das Kapstadt, über das man in Reiseführern schreibt. Aber das echte Kapstadt sieht man in den Townships, wo zum größten Teil Farbige und Schwarze leben. Hier schlägt das wahre Herz der Stadt. Deshalb finde ich, dass diese CD ein wunderbares Porträt meines Kapstadts ist."
Cape Jazz ist vor allem der Jazz der farbigen Kapstädter. Einflüsse kommen aus dem Blues und Folk. Die Musik ist belebend, energiegeladen und – natürlich ganz wichtig in Südafrika – tanzbar.
Wenn man sich mit der ethnischen Jazz-Szene Kapstadts beschäftigt begegnet einem immer wieder Goema, eine besonderen Spielart des Cape Jazz. Mac McKenzie gilt als der ungekrönte König des Goema. Er spielt eine völlig verrückte Gitarre, zum Teil sehr schräg, aber am Ende passt doch alles zusammen. McKenzie hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die vielen traditionellen Goema-Stücke, die bislang nur mündlich von Musikergeneration zu Musikergeneration überliefert wurden, aufzuschreiben und so ein einzigartiges Musikarchiv aufzubauen.
Mac McKenzie: "Goema spiegelt ein ganz eigenes Lebensgefühl wider. Die Musik wird von einem ganz bestimmten, schnellen Rhythmus bestimmt. Sie kommt von den Sklaven in Kapstadt. Als die befreit wurden, konnten sie zum ersten Mal die Musik, die sie sonst nur privat unter sich spielen durften, auf den Straßen Kapstadts aufführen. Das Wort Goema ist von Weinfass abgeleitet. Für ihre Trommeln hatten die Sklaven den Boden aus den Fässern herausgenommen und eine Tierhaut darüber gezogen, zum Beispiel von einer Kuh."
Die Cape Jazz Band versteht sich mehr als ein Projekt, weniger als eine Band. Die wechselnden Musiker gehören zu den besten der Stadt. Der Titel ihres nunmehr vierten Albums ist „Musical Democracy" und kann und soll zweideutig interpretiert werden. Südafrika feiert in diesem Jahr 20 Jahre Demokratie. Und dementsprechend wollen die elf Bandmitglieder um Errol Dyers, Steven Erasmus und Kyle Shepherd das Jubiläum musikalisch feiern. Aber auch der Entstehungsprozess des Albums war demokratisch. Während auf den drei Vorgängeralben vor allem Neuinterpretationen bereits existierender Cape Jazz Stücke zu hören waren, findet man diesmal ausschließlich Neukompositionen. Dabei waren die Stücke nicht vorab fertig geschrieben, stattdessen gab es nur Entwürfe. Darauf aufbauend haben alle Musiker im Studio ihre Ideen eingebracht, und so gemeinsam komponiert.
Der erste und bis heute bekannteste Cape-Jazz-Musiker war und ist der mittlerweile fast 80-jährige Dollar Brand, besser bekannt als Abdullah Ibrahim. Doch mit der Cape Jazz Band, die auf ihrer neuen CD voller Leidenschaft und mit beeindruckendem Können die Einzigartigkeit des Kapstädter Jazz beweist, muss sich die Szene um ihre Zukunft keine Sorgen machen.
Kyle Shepherd: "Unser Niveau ist sehr hoch. Was mir vor allem gefällt, ist, dass wir immer versuchen, um die Ecke zu denken, überraschend zu sein. Und dass wir Musiker aus ganz Kapstadt zusammenbringen. Wir brauchen diese Band in unserer Stadt. Deshalb: Applaus dafür."

The Cape Jazz Band: "Musical Democracy"
Label: Mountain

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