Sängerin Maria Farantouri

Ein Leben mit dem "Canto General"

Der griechische Komponist Mikis Theodorakis und die Sängerin Maria Farantouri, aufgenommen nach ihrem Konzert am 16.07.2000 in "Ferropolis" in Golpa in Sachsen-Anhalt
Der griechische Komponist Mikis Theodorakis und die Sängerin Maria Farantouri, aufgenommen nach ihrem Konzert am 16.07.2000 in "Ferropolis" in Golpa in Sachsen-Anhalt © picture alliance / ZB / Wolfgang Kluge
Von Philipp Quiring · 13.08.2015
Vergangenen Monat wurde der griechische Komponist Mikis Theodorakis 90 Jahre alt. Sein Oratorium "Canto General" beeinflusst als Freiheitshymne immer neue Generationen. Die Sängerin Maria Farantouri wurde früh von Theodorakis entdeckt - und singt ihn bis heute.
13. August 1975, Karaiskakis-Stadion Piräus: tausende Besucher versammeln sich. Das griechische Volk nach Jahren der Unterdrückung durch die Militärdiktatur vereint in der Musik. Der "Canto General" von Mikis Theodorakis wird zur Hymne der Freiheit und des Friedens für eine ganze Nation. Neben Petros Pandis wird vor allem Maria Farantouri für immer eng mit diesem Oratorium verbunden bleiben.
Maria Farantouri: "Damals war es eine ganz andere Epoche und Situation als heute ... wir waren Chile sehr nah und Kuba, wo Che Guevara ermordet wurde."
Das diachronische Abbild für das Leid lateinamerikanischer Völker wurde der Gedichtzyklus "Canto General" Pablo Nerudas. Der chilenische Dichter und Literaturnobelpreisträger lieferte die Vorlage für Theodorakis' musikalisches Synonym für Gerechtigkeit, Frieden und Völkerfreundschaft. Der "Canto General" ist eines der weltweit erfolgreichsten musikalischen Werke des 20. Jahrhunderts – auch durch das einzigartige Timbre der jungen Maria Farantouri.
"Ich erinnere mich an eine Studioprobe mit Mikis Theodorakis, als Pablo Neruda vorbei kam. Das werde ich niemals vergessen! Pablo Neruda, der große Dichter und Diplomat in Paris. Er hat Theodorakis mit der Sprache sehr geholfen – mit den Gedichten auf Spanisch."
Schon als 16-Jährige entdeckt
Für sein Oratorium verknüpft Theodorakis Gesänge der Inkas und Lieder der Anden mit der folkloristischen Musik Griechenlands. Zur Zeit seines Exils Anfang der 70er begegnete Theodorakis Neruda in Paris und später seinen Gedichten in Chile. Zu dieser Zeit war Maria Farantouri längst eine nationale Ikone. Theodorakis selbst bezeichnete sie als "seine Priesterin" und schrieb für sie bereits in frühen Jahren.
"Als ich 16 Jahre alt war, hat mich Theodorakis im Schulchor gehört und meine Stimme ausgewählt. Das erste Werk, das er für mich komponierte, war "Mauthausen". Er lud mich zu sich nach Hause ein und ich werde nie vergessen, wie er zu mir sagte, dass ich mich an diesen Tag, an diesen Moment erinnern sollte, weil mich dieses Stück ein Leben lang begleiten würde."
Anders als ihr Ziehvater Theodorakis, der sich zu Beginn der Militärdiktatur 1967 im Untergrund bewegte, später inhaftiert und gefoltert wurde, verließ Farantouri Griechenland. Nach der gemeinsamen Zeit im Exil und der Rückkehr nach Griechenland ist das musikalische Werk bis heute eine politische Sprache geblieben. Beim "Canto General" vor allem durch die Texte Nerudas, bei anderen Werken durch die Vertonung bedeutender Texte griechischer Literaten wie Seferis, Ritsos und Elytis: die Musik Theodorakis' wird zu einem historischen Sprachrohr für die jüngere Generation – bis heute.
Viel Schaden durch die Krise
"Zurzeit ist es schwer. Es passiert gar nichts in Griechenland. Die Krise hat viele Probleme verursacht und viel Schaden hervorgerufen; besonders in der Kultur und der Zivilisation. Fast alle Veranstaltungen werden abgesagt, obwohl viele bekannte ausländische Musiker vor hatten, in Griechenland zu singen. Ohne Garantie können sie das jedoch nicht machen."
Auch in Zeiten der Finanz- und Gesellschaftskrise setzt sich Farantouri für das kulturelle Leben ihrer Heimat ein; im Alter von 68 Jahren und nach über 40 Jahren mit dem "Canto General". Sie fördert junge Dichter und Komponisten, steht weiterhin selbst auf der Bühne und plant für die Zukunft: Maria Farantouri – "Die Stimme Griechenlands".
"Obwohl ich alt bin, singe ich immer noch. Es ist mein großer Wunsch, das Musikwerk von Theodorakis weiter zu geben und bekannter zu machen. Zusammen mit vielen jungen Musikern, insbesondere Sängern wie Charoulis, Ioannidis und Malamas, arbeiten wir gerade an einer Theodorakis-CD. Theodorakis ist großartig! Es ist nicht sehr oft, dass das Werk eines großen Künstlers anerkannt wird, solange er noch lebt. Theodorakis hat das Glück, die 'Unsterblichkeit' seines Werkes selbst zu erleben."
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