Phil Collins wird 65

Warum der Weltstar kein Comeback starten sollte

Der britische Sänger, Songwriter und Produzent Phil Collins lächelt am 21.11.2013 bei einem dpa-Interview in Stuttgart.
Phil Collins hat zuletzt immer mal wieder von einem möglichen Comeback gesprochen. © picture-alliance / dpa / Bernd Weißbrod
Von Martin Risel · 29.01.2016
Der Ex-Genesis-Sänger gehört zu den erfolgreichsten Musikern aller Zeiten. Phil Collins gilt aber auch als Inbegriff für schmalzigen Schmusepop. Längst hat er sich gesundheitlich schwer angeschlagen vom Popzirkus verabschiedet. Er sollte auch mit 65 seinen Ruhestand weiter genießen, rät Martin Risel.
40 Jahre alt ist dieser Genesis-Song, noch singt Phil Collins da im Stil von Peter Gabriel, aber schon mit dem Hang zur großen Pop-Melodie. "Trick of the tail", das erste Genesis-Album nach dem Ausstieg von Peter Gabriel, erscheint im Februar 1976 – und markiert den Wendepunkt von der hochgelobten Art- und Progressive-Rock-Band zum Massen-Phänomen.
Ein Jahr zuvor hatte ich die legendäre letzte Genesis-Tour mit beiden gesehen – als Teenager mein erstes großes Konzert – Phil Collins noch zurückhaltend nur am Schlagzeug.
Collins führt Genesis in die Charts
Als neuer Sänger und Kopf führt er Genesis in den Mainstream und die Charts. Zur künstlerischen Leitfigur wird er damit nicht gerade. Und trotzdem betont der Plattenmillionär kürzlich:
"Viele junge Künstler nennen mich als Einfluss. Das fühlt sich gut an. Also könnte es die Zeit zum Wiederentdecken sein."
Spätestens als "Mama" 1983 zur erfolgreichsten Genesis-Single in Deutschland wird, hat Phil Collins seine einst experimentierfreudige Band auf braven Popkurs getrimmt – analog wird in Großbritannien und Deutschland gesellschaftlich und politisch die konservative Rückwärtsrolle vollzogen.
Von Thatchers England aus läuft derweil seine Solo-Welt-Karriere an. Man darf das ja heute kaum eingestehen, aber: Auch da bin ich anfangs noch als Fan dabei. Seinem Motown-beeinflussten, von den Earth, Wind and Fire-Bläsern getriebenen Popsoul kann man sich schwer entziehen.
Bis sein Sound immer präsenter wird, im Radio, in allen Radios der 80er und 90er. Bis er mit diesem nicht enden wollenden Balladen-Schmalz beginnt:
"Eigentlich wollte ich nicht diese großen Balladen, aber das bin schon ich, sogar bei diesen Disney-Sachen. Ich singe, ich spiele was ich kann – ich kontrolliere."
Heiterer Bühnen-Entertainer und eifriger Hit-Schmied
Bei allem Schmalz - keine Frage: Phil Collins beherrscht sein Handwerk an vielen Instrumenten, als heiterer Bühnen-Entertainer und eifriger Hit-Schmied. Ihm gelingt, was viele Feinkost-Musikfans zunehmend mit Abscheu betrachten: Ganz dicht dem Puls des Mainstreams zu lauschen und als Dienstleister das Produkt zu liefern, nach dem die Hit-Radios und deren Hörer verlangen. Musik für die Rotations-Dauerschleife.
Irgendwann in den Nullerjahren sind diese Balladen dann endlich totgenudelt, Genesis zur unbedeutenden Band geschrumpft und Phil Collins verabschiedet sich aus der Öffentlichkeit, mehrmals. Gescheiterte Ehen und fehlender Kontakt zu seinen Kindern machen ihn depressiv, dazu plagen ihn starke Nerven- und Muskelschmerzen. Hören und Instrumente spielen kann er schlecht, trommeln gar nicht mehr:
"Na ja, es geht. Ich bin langsamer, war viel in Krankenhäusern. Aber jetzt ist wieder alles gut!"
Wer ihn jetzt sieht, weiß: Das stimmt nicht. Und doch will Phil Collins noch mal mitspielen im großen Business. Wenn die Plattenfirma zum Fan-Talk bei Facebook aufruft, zur ganz großen Promotion-Attacke. Wenn sie jetzt beginnt, seine alten Alben wieder auf den Markt zu schmeißen.
"Remastered soll es ja besser klingen. Ehrlich, ich weiß das nicht, hab keinen Plattenspieler, ich höre Musik am Computer. Wichtig ist mir diese Gelegenheit zum Wiederentdecken. Nicht mich persönlich, aber meine Songs."
Tragisches Liebäugeln mit dem Comeback
Tragisch wirkt dieses Liebäugeln mit dem Comeback, vielleicht sehnt sich da ein gealterter, kranker Mann nach letztem Ruhm. Und weiß nicht, ob im Ruhestand oder Rampenlicht. Ein Interesse an den Comeback-Gerüchten hat auch das Label, das die alten Platten wieder verkaufen will.
In der Musik ist vieles eine Frage des Timings: Peter Gabriel wusste, wann es Zeit ist zu gehen und was er will:
"Diese Person in den Zeitungen war nicht wirklich ich. Also ging ich da raus und wollte nicht wieder kommen. Aber jetzt ist ein wichtiger Teil meines Lebens, also glaub ich, es ist richtig, nicht in Ruhestand zu gehen."
Ich glaube: Wir sollten ihm seinen Ruhestand gönnen. Phil Collins hat seine Zeit gehabt.
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