Peter Conradi (SPD): "Stuttgart 21" ist noch umkehrbar

14.08.2010
Der Architekt und SPD-Politiker Peter Conradi hat die Politik aufgefordert, kritische Gutachten zum milliardenschweren, umstrittenen Bahnprojekt "Stuttgart 21" nicht zu ignorieren.
Der ehemalige Präsident der Bundesarchitektenkammer sagte, wenn so gewichtige Leute wie das Umweltbundesamt oder die Stuttgarter Nahverkehrsgesellschaft kritische Gutachten vorlegten, müsste die Politik darauf Rücksicht nehmen. Noch sei "Stuttgart 21" umkehrbar. Erst im Herbst 2012 sei der Punkt erreicht, an dem man nicht mehr zurück könne. "Es wäre völlig verantwortungslos, dieses Projekt weiterzubauen, bei solchen schwerwiegenden Mängeln", kritisierte Conradi.

Der Architekt beklagte, die Öffentlichkeit sei 15 Jahre lang über "Stuttgart 21" getäuscht worden. Es seien immer wieder neue Zahlen zur Finanzierung aufgetaucht, und für die Neubaustrecke über die Schwäbische Alb gebe es überhaupt noch keine Kosten-Nutzen-Rechnung. Beide Gutachten sagten, durch "Stuttgart 21" würde es zu erheblichen Konfliktpunkten in den Fahrplänen kommen und für den Güterverkehr sei der neue Bahnhof "nicht brauchbar". "Das, was uns vor 15 Jahren versprochen worden ist, hat mit dem, was jetzt kommt, überhaupt nichts zu tun", so der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete.

Conradi betonte, der Protest gegen "Stuttgart 21" sei bisher durchweg friedlich. "Der Polizeipräsident hat uns bestätigt: Dies ist ein sehr bürgerlicher, schwäbischer, friedlicher Protest."

In diesem Protest werde "der Zorn des Volkes über Prestigeprojekte der Oberen, die sich da Denkmäler setzen wollten" deutlich, so Conradi. "Dann kommt ein Vater zu mir und sagt: Mein kleiner Junge geht in der Schule nicht mehr aufs Klo, weil die Klos werden nicht mehr gereinigt. Die Stadt Stuttgart hat dafür kein Geld. Ab Mittwoch ist kein Klopapier mehr da, aber für so einen Unsinn haben sie Geld. Das ist so die Grundstimmung."

Gespräch mit Peter Conradi als MP3-Audio
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